Im Jahr 2025 erscheint es fast selbstverständlich, dass künstliche Intelligenz (KI) die Duftkreation prägt. Doch wirft man einen Blick auf die Anfänge zurück, wird deutlich, welchen Pioniergeist das Holzmindener Unternehmen Symrise einst an den Tag legte: 2018 präsentierte Symrise zusammen mit IBM Research eine branchenweit erste, konsequent auf Kreativität ausgerichtete KI-Plattform namens Philyra.
Vorstellung, KI nicht nur als reines Effizienzwerkzeug zu nutzen, noch kühn. Heute gilt Philyra als Inbegriff für technologische Innovationskraft in der Parfümerie – gerade, weil sie jenseits gewohnter Muster denkt und nachhaltige Lösungen fördert.
Die Geburtsstunde von Philyra (2018–2020)
Bereits in den Jahren 2018 und 2019 sorgte Philyra für Aufsehen. Man erinnere sich an den brasilianischen Kosmetikkonzern Boticario, der damals unter dem Markennamen Egeo die ersten vollständig KI-generierten Düfte von Symrise auf den Markt brachte. Die KI schlug überraschende Kompositionen vor – zum Beispiel die Kombination von warmem Chai Latte mit einem klassischen Fougère. Für die damalige Parfümeriewelt waren KI-Botschaften in Marketingkampagnen ein Novum und ein Hingucker, insbesondere bei jüngeren Verbrauchern. So festigte Symrise früh seinen Ruf als visionärer Player in einer Branche, die bis dahin nur selten auf hochmoderne Technologie vertraut hatte.
Nachhaltigkeit rückt in den Fokus (2021–2022)
Etwa 2021 begann Symrise damit, das System gezielt um Nachhaltigkeitskriterien zu erweitern. Die Idee war, Zutaten, die biologisch abbaubar oder erneuerbar sind, stärker zu priorisieren. Dies stellte eine wichtige Entwicklung dar, weil sich gleichzeitig das Konsumverhalten wandelte: Immer mehr Verbraucherinnen und Verbraucher forderten – auch ausgelöst durch Diskussionen über Umwelt- und Klimaschutz – nachhaltige Produkte. Philyra 2.0 passte genau in diese Zeit. Erst Ende 2022 gelang Symrise der Durchbruch mit mehreren internationalen Kooperationen, bei denen Marken gezielt auf die neue „grüne“ Rezeptur-Analyse setzten.
Mensch und Maschine im Tandem
In Interviews betonten Symrise-Parfümeure damals wiederholt, wie wichtig es sei, Philyra von Anfang an nicht als Automatisierungs-Tool aufzubauen, sondern als Inspiration. So basierte Philyra auf mehr als 3,5 Millionen Rezepturen und rund 1.500 Rohstoffen, wodurch sie in über 20 Dimensionen Duftcharakter, Performance und Komplexität miteinander verknüpfen konnte. Pierre Gueros, damals Senior Fine Fragrance Perfumer, beschrieb das Zusammenspiel so: Die KI habe keine Parfümeurschule besucht und denke daher ungewohnt – was den kreativen Prozess enorm beflügle. KI und Mensch tauschten sich ständig aus, sodass sich Düfte aus reiner Inspiration heraus weiterentwickeln konnten. Dadurch entstand gewissermaßen eine „Duft-Alexa“: Sie war kein Ersatz für erfahrene Parfümeure, sondern deren innovativer Sparringspartner.
Erfolge auf internationalen Märkten (2019–2023)
Zwischen 2019 und 2023 mehrten sich Erfolgsgeschichten. Neben Brasilien – wo die Egeo-Düfte von Boticario auf große Resonanz stießen – wagte Symrise auch in Asien und Lateinamerika den Schritt, KI-kreierte Düfte auf den Markt zu bringen. Ob es sich um Herrendüfte wie Kalos Tech (Belcorp Group, 2021) oder das Tros AI Awake Cologne in Thailand (2022) handelte: Philyra wurde mehr und mehr zum Synonym für zukunftsweisendes Duftdesign. Der Markt zeigte sich aufgeschlossen gegenüber dem Markennutzen, den KI nicht nur in Sachen Tempo, sondern auch bei der Innovation brachte. Das war vor fünf bis sechs Jahren keineswegs selbstverständlich.
Neudefinition der Parfümbranche
2023 und 2024 sahen Branchenexperten, dass Symrise mit Philyra weit über pure Rezeptur-Optimierung hinausging. Die KI war nun in der Lage, bestehende Düfte „nachhaltiger“ zu gestalten oder komplett neue Kompositionen CO₂- und ressourcenschonend zu planen. Nicht zuletzt diese Fähigkeit bewog andere Parfümhäuser und Kosmetikkonzerne, in ähnliche Tools zu investieren. Doch Symrise blieb führend, weil das Unternehmen früh klarmachte, dass KI = Kreativität + Nachhaltigkeit sein kann. Philyra gehörte von Anfang an zu den Schlüsselprojekten von Symrise. Die Idee war klar: Mensch und Maschine bereichern sich gegenseitig – um Parfums effizienter, aber auch visionärer zu kreieren.
Eine etablierte Innovation
Heute ist die einst kühne Vision Realität geworden. Philyra hat sich als Standardlösung in Teilen der Parfümindustrie etabliert, wobei Symrise weiterhin die Nase vorn hat. Zahlreiche Duftlinien renommierter Marken verweisen in ihren Marketing-Kampagnen auf eine KI-basierte Formulierung aus Holzminden. Für viele Kunden ist das Label „KI-gestützt“ mittlerweile ein Qualitäts- und Modernitätssiegel – ähnlich wie es vor einigen Jahren in der Musikindustrie Streaming und Empfehlungssysteme waren. Wachsender Markt, wachsende Verantwortung Auch wenn Philyra zum Synonym für KI-Kreativität wurde, ruht sich Symrise nicht auf diesem Erfolg aus. Der Markt für Parfums ist stetig in Bewegung und neue Verbraucherbedürfnisse – etwa nach sensorisch herausragenden, aber dennoch ökologisch vertretbaren Produkten – erfordern kontinuierliche Weiterentwicklungen. Die positiven Erfahrungen der letzten Jahre zeigen: KI kann als „Enabler“ fungieren, der den zeitintensiven Kreationsprozess beschleunigt und zugleich Impulse für bislang ungeahnte Duftprofile liefert. So gehen Experten davon aus, dass bis 2030 noch mehr Häuser auf ähnliche Technologie zurückgreifen werden. Doch Symrise behält dank seines Vorsprungs den Innovationsgeist, der Philyra einst geboren hat.
Symrise hat mit Philyra den Grundstein für einen Paradigmenwechsel in der Parfümbranche gelegt. Was 2018 als gewagtes Projekt begann, hat sich binnen weniger Jahre zu einem Leitbild des kreativen, nachhaltigen und KI-gestützten Duftdesigns entwickelt– und damit neue Standards gesetzt, an denen sich heute ein ganzer Industriezweig orientiert.