In Südfrankreich hat Symrise die beiden Unternehmen Groupe Néroli und SFA Romani übernommen. Die insgesamt 200 Mitarbeiter arbeiten jetzt in vielen Bereichen komplementär zusammen, vom Einkauf über die Entwicklung bis hin zum Kontakt mit Kunden. Eine Geschichte darüber, wie zwischen ehemaligen Wettbewerbern enorme Synergien entstehen.

GUTE UNTERNEHMENSFÜHRUNG, INNOVATION UND ENTWICKLUNG

Estelle Barbots Arbeitsplatz liegt in einer wunderschönen Gegend in der französischen Provence, nur zehn Kilometer entfernt von der französischen Hauptstadt des Parfüms, Grasse. Aus ihrem Fenster sieht sie bewaldete Hügel, in der Ferne sind Berge mit weißen Schneespitzen zu erkennen. Sie arbeitet dort, wo andere Urlaub machen. Damit nicht genug, denn ihre Arbeit lässt die Parfümeurin jeden Tag an weit entfernte Orte reisen. Sie entwickelt Düfte, die später in Algerien und Saudi-Arabien, in Ghana und Dubai, in Südafrika und Bahrain eingesetzt werden – und dafür muss sie die Geschmäcker der Kundinnen und Kunden im Mittleren Osten und in Afrika sehr genau kennen. „In den afrikanischen Ländern möchten die Menschen vor allem kraftvolle, nicht sehr süße Düfte, die Fougère-Noten wie Lavendel, Bergamotte und Geranium, florale Noten wie Orangenblüten oder auch Moschusnoten enthalten“, sagt Estelle Barbot, während sie an ihrem Schreibtisch ein paar Duftrezepte ausdruckt. „Im Mittleren Osten hingegen sind Noten wie Adlerholz oder Oudh gefragt, das aus Agarholzharz gewonnen wird. Sie sollen die Persönlichkeit unterstreichen.“

Die Chemikerin, die vor ihrem Studium an der renommierten Schule für Parfümeure ISIPCA in Paris gelernt hat, ist Mitarbeiterin der Groupe Néroli. Das Unternehmen entstand aus einem Zusammeschluss der beiden Parfümhäuser Créations & Parfums und Floressence und hat seinen Sitz in einem kleinen Industriegebiet mitten in der grünen Landschaft der Provence.

 

„Nun können wir uns eng austauschen und unser Wissen teilen.“

Estelle Barbot
Chemikerin bei Groupe Néroli

Der Ort hat sich über die Jahrzehnte zu einem Schwerpunkt der Duftproduktion entwickelt, mit mehreren Wettbewerbern direkt nebeneinander. Ein weiterer davon ist der Dufthersteller SFA Romani. Im Jahr 2022 hat Symrise diesen und die Groupe Néroli übernommen. Nun arbeiten die insgesamt rund 200 Mitarbeiter der ehemaligen Wettbewerber unter dem Namen SFA Néroli eng zusammen – und können dadurch enorme Synergien schaffen. Gemein­sam entwickeln sie Duftkompositionen für feinste Parfüms. Mehr als 70.000 Rezepturen bringen die beiden Unternehmen in den Zusammenschluss ein, die sie aus mehr als 1.200 Rohstoffen mischen.

Wie die jeweils andere Seite arbeitet, werden die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nun sukzessive voneinander lernen. Estelle Barbot zum Beispiel freut sich darauf, gemeinsam mit den Kollegen von SFA Romani zusammenzuarbeiten. „Sie sitzen ja nur ein paar Minuten entfernt und nun können wir uns eng austauschen, unser Wissen teilen und auch unsere Herangehensweisen an Kundenprojekte miteinander abgleichen“, sagt sie.

Der Weg von der Groupe Néroli zu SFA Romani ist tatsächlich kurz. Es geht über zwei Straßen und schon steht man im Büro von Yann Mabille. Der ehemalige Geschäftsführer von SFA Romani führt nun den Vertrieb des neuen Unternehmens für die Regionen Afrika, Nord- und Südamerika sowie Teile von Europa. Er hat viele Gespräche mit seinen alten und den neuen Kollegen geführt, und er weiß, wo und wie sich die ehemals starken Konkurrenten besonders gut ergänzen.

Zum Beispiel hinsichtlich der Märkte: Zwar bearbeiteten beide Unternehmen die ganze Welt, hatten aber Schwerpunkte. Während die Groupe Néroli stark im Mittleren Osten und Afrika aktiv war, hatte SFA Romani in Zentralamerika viele Kunden und vor allem in Italien starke Wurzeln – dorther kamen die Gründer des Unternehmens, die die Marke zur stärksten im Land aufgebaut haben. Auch bei der Anzahl der Kunden gibt es große Unterschiede. „Wir hatten mit SFA Romani rund 400 bis 500 Unternehmen, mit denen wir zusammengearbeitet haben, während die Kollegen der Groupe Néroli eher eine selektivere Kundenliste führten“, sagt Yann.

„Teil von Symrise zu sein, bringt auch Prestige mit sich. Die Kunden nehmen das sehr wohlwollend auf.“

Yann Mabille
Vertriebsmanager bei SFA Romani

„Wir können jetzt von kleinen Abnehmern bis zu den größten Konzernen der Welt alle Kunden beliefern.“

Gabriel Ramos
Vertriebsmanager bei SFA Romani

Bei den Rohstoffen werden die beiden Unternehmen in Zukunft eng zusammenarbeiten. „Wir haben Parfümeure aus beiden Unternehmen das Portfolio analysieren lassen“, sagt Gabriel Ramos. Er ist wie Yann Mabille für den Vertrieb zuständig, für Asien und den Mittleren Osten etwa, also die Bereiche, die sein Kollege nicht abdeckt. Gemeinsam mit weiteren Kollegen bilden sie das Team, das die ehemaligen Wettbewerber enger zusammenbringen soll. „Beim Einkauf werden wir überall dort, wo es möglich ist, auf die gleichen Rohstofflieferanten setzen. Gleichzeitig werden wir den Mitarbeitern ermöglichen, individuell die Spezialitäten einzusetzen, die sie für ihre Kompositionen benötigen“, so Gabriel Ramos.

SFA Romani bediente vor allem Nischenmarken, bei denen die Qualität und die Kreativität im Vordergrund stehen. Feinparfümerie machte 80 % des Umsatzes aus. „Dabei haben wir nie Kompromisse gemacht“, beschreibt Yann Mabille die Herangehensweise. Um die Kunden zu erreichen, hat das Unternehmen ein Vertriebsnetzwerk in 80 Ländern rund um die Welt aufgebaut. So war es, obwohl es vergleichsweise klein war, früh auf internationalen Messen unterwegs. Die Groupe Néroli hingegen war eher spezialisiert auf größere Volumina. Sie machte aus, dass die Reaktionszeiten auf die Wünsche der Kunden sehr kurz waren. „Wir können viel davon lernen, auch was die Arbeit in den Laboren angeht“, sagt Yann Mabille.

Auf diese Unterschiede wollen die Beteiligten in Zukunft bei ihrer Zusammenarbeit setzen. „Wir können jetzt von kleinen Abnehmern bis zu den größten Konzernen der Welt alle Kunden beliefern, mit Mengen von wenigen Kilogramm eines Parfüms bis zu mehreren Tonnen“, sagt Gabriel Ramos. Natürlich sorgen vor allem die großen Projekte für profitables Wachstum, aber auch aus kleinen, innovativen Ideen kann etwas Großes werden, das machen die beiden Manager klar.

Neben den neuen Partnern wird auch Symrise von dem Kauf profitieren. Die Anbindung an die Wiege der Parfümerie in Grasse mit dem dazugehörigen Savoir Faire – also dem Fachwissen –, die vielen Rohstoffe, der Zugang zu Duftkompositionen und Kunden weltweit, all das passt gut in die Konzern-Strategie: Ein gut durchmischtes Portfolio von lokalen, regionalen und globalen Kunden rund um die Welt zu haben. „Gleichzeitig kauft Symrise damit auch das Vertrauen, das wir hier in Frankreich aufgebaut haben“, sagt Yann Mabille. Für die beiden ehemaligen Konkurrenten eröffnet die Zugehörigkeit zu dem großen Konzern neue Möglichkeiten, so der Manager: „Wir können zum Beispiel auf die Größe von Symrise zurückgreifen, das gibt uns bessere Zugänge zu Anbietern.“

Die Mitarbeiter von SFA Néroli können auch direkt auf die Rohstoffe zugreifen, die Symrise herstellt, und auf die Captives, also die patentgeschützten Bestandteile, die dafür sorgen, dass Parfümmischungen einzigartig sind. „Wir gewinnen dadurch an Vielfalt und erhöhen auch unsere Versorgungssicherheit, weil wir durch die enge Anbindung an Symrise immer beliefert werden“, sagt Yann Mabille. Auch die Effizienz des neuen Mutterkonzerns werde sich positiv auswirken. „Teil von Symrise zu sein, bringt auch Prestige mit sich“, so der Manager. „Die Kunden nehmen das sehr wohlwollend auf. Gleichzeitig sorgen wir alle gemein­sam für mehr Diversität und Pluralität im Konzern. Das kann unsere Kreativität nur weiterbringen.“