Symrise verarbeitet Hunderte von natürlichen Rohstoffen zu Aromen, Duftstoffen oder auch Kosmetika. Um Synergien zwischen den Segmenten zu erzeugen, intensivieren die Expertinnen und Experten seit Jahren die Kommunikation. Ein Dreiergespräch über den Ingwer und seine vielfältigen Anwendungsfelder zeigt, wie Austausch zu neuen Ideen und Know-how-Transfer führen kann. 

GUTE UNTERNEHMENSFÜHRUNG, INNOVATION UND ENTWICKLUNG

Als sich die drei Fachleute an den Tisch setzen, greifen sie direkt zu: Sie nehmen sich einige Wurzeln aus dem großen Haufen Ingwer, der in der Mitte liegt, brechen sie durch, riechen daran, probieren kleine Stücke. Für sie ist und bleibt jeder Rohstoff spannend – für alle Sinne. Dabei kommen Maria Reichenbach, Rüdiger Hupe und Benoît Join direkt ins Gespräch. Kein Wunder, haben sie doch – obwohl in drei verschiedenen Abteilungen beschäftigt – viele Schnittstellen, die sie alle nutzen. Etwa in der Forschung, beim Auswerten von Trends oder eben bei den Rohstoffen.

Der Ingwer ist ein gutes Beispiel dafür. Die aromatisch-würzige und scharfe Wurzel wird seit Jahrtausenden als Gewürz und auch als Heilmittel genutzt, etwa in der chinesischen Medizin oder im Mittelalter in Europa. Die natürlichen Kräfte des Ingwers macht sich Maria Reichenbach zunutze, indem sie diese für kosmetische Anwendungen einsetzt. Die Labormanagerin für die Zell- und Molekularbiologie hat ein paar Cremes mitgebracht, die einen Scharfstoffextrakt aus dem Ingwer enthalten. „Für die Schärfe sorgen die beiden Stoffklassen Gingerole und Shogaole, die hier eine Anti-Aging-Wirkung haben“, sagt Maria Reichenbach, während sie eine Probe an ihre beiden Kollegen weiterreicht. „Die beiden Molekülklassen wirken nachweislich antioxidativ und fangen die freien Radikale ab, die durch äußere Einwirkungen entstehen und den menschlichen Zellen schaden können. Außerdem sind sie stark rötungsreduzierend und machen den Kosmetikinhaltsstoff dadurch zu einem wahren multifunktionalen Stoff.“

Symrise wendet bei der Produktion eine Extraktion an, bei der CO2 eingesetzt wird, um eine geruchlose Flüssigkeit zu erzeugen. „Wir brauchen die guten Eigenschaften des Ingwers, wollen aber nicht, dass die Kosmetikprodukte danach riechen“, erklärt die promovierte Biochemikerin. Rüdiger Hupe dagegen hat gerne den gegenteiligen Effekt. Der Flavorist arbeitet seit 15 Jahren bei Symrise und ist nun im Forschungs- und Technologieteam tätig. „Wir nutzen die Scharfstoffextrakte und Ingweröle, um Zuckersüßwaren wie Bonbons zu aromatisieren. Dabei sprechen wir den Geschmackssinn über den Mund und die Nase an“, sagt Rüdiger Hupe. Er hat dafür verschiedene Ingwersorten getestet und ist bei Rohstoffen aus Madagaskar gelandet. „Dort hat unser lokales Team die Wege zu den Bauern über die Vanille-Produktion etabliert. Das ist wichtig, da so die Wurzeln möglichst frisch nach der Ernte verarbeitet werden können, um mög­lichst viele wichtige Öle und andere Bestandteile zu erhalten.“

Rückwärts integriert

Für Symrise funktioniert der Ingwereinkauf auf Madagaskar wie bei vielen anderen Rohstoffen, die dort angebaut werden: Das Unternehmen hat ihn rückwärts in die Wertschöpfungskette integriert, was bedeutet, Symrise liefert den Bauern seit 2014 vorgezogene keimende Ingwerwurzeln. Aus einem Kilogramm entstehen am Ende der Saison sechs bis sieben Kilogramm, die das Unternehmen wiederum zu einem festen Preis ankauft. Das funktioniert deswegen so gut, weil Ingwer in der Küche Madagaskars eine große Rolle spielt, sagt Benoît Join. „Uns hat hier sehr geholfen, dass sowieso jeder den Ingwer im Garten hat. Und es ist genauso wie überall anders auf der Welt: Die Bauern schauen oft erst einmal, was der Nachbar macht, bevor sie etwas Neues ausprobieren,“ erklärt der Director Naturals im Bereich Parfümerie und Oral Care, der sich intensiv mit den natürlichen Rohstoffen auf Madagaskar auseinandersetzt.

„Für die Schärfe sorgen die beiden Stoffklassen Gingerole und Shogaole, die
hier eine Anti-Aging-Wirkung haben.“

Maria Reichenbach,
Labor-Managerin für die Zell- und Molekularbiologie

Aus dem Ingwer nutzt Maria Reichenbach zum Beispiel den Scharfstoffextrakt, der eine Anti-Aging-Wirkung hat.

Wir nutzen die Scharfstoffextrakte und Ingweröle, um Zuckersüßwaren wie Bonbons zu aromatisieren. Dabei sprechen wir den Geschmacks­sinn über den Mund und die Nase an.Rüdiger Hupe, Flavorist im Forschungs- und Technologie-Team

Der Ingwer ist nur einer von mehreren Rohstoffen, die Vanillebauern im südostafrikanischen Inselstaat anbauen können, wenn ihr Hauptprodukt gerade keine Saison hat. Ihr Einkommen steigt dadurch. Symrise fördert diese Diversifizierung schon seit Jahren für verschiedene Rohstoffe. Mittlerweile beziehen die verschiedenen Geschäftseinheiten Produkte wie die Wurzeln des Süßgrases Vetiver, die Samen der Tamanu-Frucht, aus der ein pflanzliches Öl gewonnen wird, grünen Pfeffer, rosa Pfefferblätter, Zimtrinde oder rotes Zitronengras. Neben dem sicheren Einkommen für rund 3.000 Bauern und ihre Familien, mit denen Symrise zusammenarbeitet, hat das Modell auch große Vorteile für das Unternehmen: Die zertifizierten Bio-Produkte sind sicher verfügbar bei gleichbleibender Qualität.

Um die Rohstoffe so frisch wie möglich zu bekommen und gleichzeitig den kosten- und CO2-intensiven Transport der Wurzeln zu vermeiden, versucht Symrise immer öfter, die Verarbeitungsprozesse nahe bei den Erzeugern anzusiedeln, ergänzt Benoît Join. „Das Ingweröl wird zum Teil bei den Bauern per Wasserdampfdestillation produziert oder in der Symrise eigenen Fertigung auf der Insel“, sagt der promovierte Chemiker.

Die Scharfstoffextrakte und Ingweröle setzt Rüdiger Hupe in verschiedenen Produkten ein, unter anderem in Getränken.

Duftende Synergien

Eine andere Methode ist die CO2-Extraktion, für die der Ingwer zerkleinert und getrocknet wird. Auch das hilft, die Transporte zu minimieren, weil so das Gewicht und das Volumen sinken. „Es besteht aber die Gefahr, dass so leichtflüchtige Stoffe verloren gehen. Deswegen müssen wir immer abwägen, wie wir pro­duzieren“, sagt Maria Reichenbach. Bei der CO2-Extraktion entsteht zudem noch eine ölige Flüssigkeit, welche Symrise unter dem Namen Symvital® Ginfuse im Parfümeriebereich einsetzt.

Von der Rohstofferzeugung kommen die Symrise Expertinnen und Experten dann auch auf Technologien, die die jeweiligen Abteilungen anwenden. Maria Reichenbach erzählt von den Experi­menten, die sie und ihr Team machen. Dafür werden Hautproben genutzt, die aus Eingriffen aus der plastischen Chi­rurgie stammen, bei denen überschüssige Haut entfernt wird und anschließend gespendet werden kann. So kann ein ex-vivo-Hautmodell hergestellt und die Wirkung von kosmetischen Wirkstoffen getestet werden. „Wir tragen haut-reizende Trigger auf die Hautmodelle auf – die Induktion einer Hautrötung. Dann messen wir die Signale, wie die Haut auf rötungsreduzie­rende Salben mit Ingwerextrakten reagiert“, erklärt Maria Reichenbach. Benoît Join wird hellhörig, solche Tests kann er im Bereich Mundpflege bisher nicht machen. Die beiden verabreden sich, um später über ein sogenanntes Oral-Care-Modell für Zahnfleisch zu diskutieren, um Schleimhautrötungen zu induzieren und danach behandeln zu können.

Der intensive Austausch bringt wie so oft neue Ideen, auch für Rüdiger Hupe. Er hat ein Erfrischungsgetränk mitgebracht, in dem Ingwer verarbeitet wurde. Die drei probieren das Getränk, tauschen sich über den Geschmack aus, der leicht scharf, aber vor allem sehr aromatisch und natürlich sei. Sie diskutieren weiter, was in Zukunft noch möglich werden könnte. Rüdiger Hupe überlegt laut, ob das ätherische Öl aus der CO2-Extraktion als Aromatisierung in Premiumqualität weiterverarbeitet werden könnte. „Es würde vielleicht gut passen als Topnote und Baustein eines Gin-Rezepts oder anderer alkoholischer Getränke; oder auch für Desserts in guten Restaurants, die einen besonderen Impuls für ihre Süßspeisen wünschen.“

Als Director Naturals im Bereich Parfümerie und Oral Care hat Benoît Join einen guten Überblick über natürliche Rohstoffe.