Das nachhaltige Wirtschaften ist für die Industrie eine echte Herausforderung: Die Seitenströme aus der Lebensmittelindustrie nutzen und zu werthaltigen Produkten verarbeiten, die Transportwege minimieren – und dabei den Qualitätsstandard halten. Symrise hat schon vor 20 Jahren die Vorteile der Weiterverwertung von Nebenprodukten erkannt und die patentierte SymTrap® Technologie entwickelt.

INNOVATION UND ENTWICKLUNG

Jennifer Bufalo öffnet einen Beutel mit Nelken. Die promovierte Bio­login riecht daran und versucht, das volle Duftprofil zu erfassen. Anschließend überlegt sich die Laborleiterin, die sich vor allem mit Naturstoffen für den Bereich Scent & Care beschäf­tigt, welcher Stoff aus den Nelken eine neue olfaktorische Facette zu einer traditionellen Zutat für die Parfümerie bringen könnte. Ätherisches Nelkenöl nutzt Symrise seit Jahrzehnten als Pro­dukt zum Beispiel im Bereich der Zahnpflege oder auch in Parfüms. Die meisten ätherischen Öle werden durch Wasserdampfdestil­lation hergestellt. Bei diesem Verfahren werden die Duftmole­küle vom Dampf mitgerissen, der dann in flüssiger Form kondensiert wird. Die ätherischen Öle werden aufgefangen, als Neben­produkt fällt viel Wasser an. Darin stecken weitere wertvolle Inhaltsstoffe: kleine Mengen intensiver und sehr flüchtiger Mole­küle, die auch nach der Abtrennung des ätherischen Öls immer noch stark nach Nelken riechen.

Jennifer Bufalo arbeitet seit 2015 bei Symrise in Brasilien und leitet seit einigen Monaten das Labor in Holzminden. Noch in ihrer Heimat machte sie bei einem Zulieferer eine Entdeckung. „Ich habe dort ein paar Behälter gefunden und auf die Frage, was sich darin befindet, die Antwort bekommen, dass es sich um das restliche Wasser aus der Nelkenöl-Destillation handelt, das entsorgt werden muss.“ Sie wird neugierig, riecht an der Flüssigkeit und erkennt sofort, dass sie etwas Besonderes entdeckt hat. Sie nimmt eine Probe und zeigt sie zwei Symrise Parfümeurinnen und Parfümeuren, Fanny Grau und Isaac Sinclair. Diese bestätigen die Besonderheit ihres Fundes: Solch einen Nelkenduft hätten sie noch nie gerochen.

Bufalo erkennt das Potenzial des ursprünglichen Nebenpro­dukts und bereitet es im Labor auf. Hierfür macht sie mithilfe des SymTrap® Verfahrens die sogenannte Wasserphase nutzbar. Symrise hat es selbst vor 20 Jahren entwickelt und patentiert. Die Flüssigkeit durchläuft dabei zunächst die Adsorbersäule, wobei spezifische Temperaturen oder Drücke eingehalten werden – die genauen Bedingungen verrät Jennifer Bufalo nicht. Die Duftmoleküle bleiben nach dem Vorgang in der Anlage hängen und werden anschließend mit einem lebensmittelkon­formen und natürlichen Extraktionsmittel wieder herausgelöst. Aus der Nebenstromflüssigkeit der Destillation entsteht ein neues Produkt, das sich im Geruchsprofil vom ätherischen Nelkenöl unterscheidet und sich deswegen bestens als exklusives zusätzliches Material für Duftmischungen eignet.

SymTrap® kann natürliche Aromen einfach, aber auch um ein Tausendfaches aufkonzentrieren. 

Natürliche Seitenströme aufarbeiten

Dank des SymTrap® Verfahrens können Nebenprodukte weiterverwertet werden. Nur ein paar Gebäude entfernt von Jennifer Bufalos Labor stehen ein Dutzend circa 1,50 Meter hohe, silberne Säulen in einem Hochregal. Der Labormanager Dominik Winkler kennt sich mit der SymTrap® Technologie sehr gut aus. „Wir arbeiten auf zwei Ebenen: Die Wasserphasen werden entweder direkt zu uns geliefert und wir gewinnen daraus mit Hilfe von Symtrap® unsere Moleküle oder wir installieren kleine Anlagen direkt dort, wo die Wasserphasen entstehen.“ Der Vorteil einer Anlage direkt vor Ort ist, dass die großen Mengen Flüssigkeit nicht mehr rund um die Welt transportiert werden müssen – das spart Emissionen und reduziert die Kosten.

Mittlerweile hat Symrise Hunderte Aromen und Duftstoffe mithilfe des SymTrap®-Verfahrens hergestellt, 40 bis 50 davon befinden sich aktuell im Portfolio. Äpfel, rotes Obst und Citrus-Früchte, Nüsse oder Malz können so verwertet werden. Auch bei der Herstellung von alkoholfreiem Bier oder bei der Verarbei­tung von Kaffeebohnen für Instantkaffee fallen Wasserphasen an, die genutzt werden können. „Mit der Technologie können wir natürliche Seitenströme aufarbeiten, Aromen festhalten und aufkonzentrieren“, sagt Winkler. Ein weiterer positiver Effekt: Das übrig gebliebene Wasser ist sauber und kann in die Umwelt zurückgeführt werden.

Außerdem kann mit SymTrap​​​​​​​® bei vielen Produkten ein komplexeres Geschmacksbild erzeugt werden. „Orangen zum Beispiel werden am Herkunftsort ausgepresst und der Saft durch Wasser­entzug konzentriert. Das Konzentrat hat ein geringeres Volumen und kann deshalb kostengünstiger und auch mit weniger CO2-Ausstoß transportiert werden“, sagt Dominik Winkler. Der Nachteil hierbei ist, dass der Orangensaft nach der Wasserzugabe am Bestimmungsort flacher im Geschmack ist, als der frisch gepresste. Die Aromamoleküle aus dem entzogenen Wasser fehlen. „Mit SymTrap​​​​​​​® können wir sie gewinnen und wieder in das Produkt zurückführen.“

Dominik Winkler ist im Segment Taste, Nutrition & Health als Laborleiter einer der Experten für die SymTrap® Technologie.

Im Labor arbeitet Jennifer Bufalo an neuen Lösungen für das Segment Scent & Care von Symrise.

„Bei Naturstoffen schwankt oft die Qualität der Waren je nach Saison und Erntezeit. Wir legen deswegen viel Wert auf die Standardisierung der Produkte, für die wir Methoden erarbeiten müssen.“

Jennifer Bufalo,
Laborleiterin

Wertvolle Inhaltsstoffe erhalten

Ein weiteres Argument für den Einsatz des SymTrap®-Verfahrens vor Ort: Die Wasserphase verdirbt recht schnell. Wird diese direkt nach der Ernte aufbereitet, bleiben die wertvollen Inhaltsstoffe erhalten. Symrise hat dafür etwa in Deutschland, Frankreich, Spanien, Polen, Brasilien, Südafrika oder Japan, wo viele Rohstoffe wachsen, ein ausgeklügeltes System installiert. In den Anlagen sammeln Kartuschen mit dem Absorbermaterial, die regelmäßig ausgetauscht werden, die Aromamoleküle. In der Symrise Produktion löst ein lebensmittel-konformes Extraktionsmittel diese wieder heraus. Anschließend werden diese natürlichen Aromakonzentrate zum Beispiel als natürliche Bausteine in Aromen oder Duftkreationen eingesetzt oder per Sprühtrocknung auf einen Trägerstoff aufgebracht.

Zurück im Labor von Jennifer Bufalo. „Natürlich gibt es auch Herausforderungen“, sagt die Wissenschaftlerin. „Bei Naturstoffen schwankt oft die Qualität der Waren je nach Saison und Erntezeit. Wir legen deswegen viel Wert auf die Standardi­sierung der Produkte, für die wir Methoden erarbeiten müssen“. Dabei ist ihr der ständige Austausch mit den Kollegen der anderen Geschäftsbereiche wichtig. Die Kollegen von Taste, Nutrition & Health in Frankreich zum Beispiel haben mit der Unterstützung durch Dominik Winklers Team das ,Garden Lab’ entwickelt, der Name stammt aus der Fine Fragrances-Abteilung: „Unsere Kollegen haben aus den Wasserphasen, die bei der Gemüse-Püree-Herstellung entstehen, flüchtige Aromenmole­küle extrahiert.“ Diese können beispielsweise den Pürees, ähnlich wie dem Orangensaft, ihren vollen Geschmack zurückgeben und werden außerdem auf den ersten Blick eher ungewöhnlich eingesetzt: Symrise Fine Fragrances hat in die Duft­kreationen vielfältige aromatische Moleküle aus Spargel, Lauch, Blumenkohl, Artischocke oder sogar Zwiebeln integriert. „Sie kommen aus den Seitenströmen einer ganz anderen Produktion und geben nun neuen Duftkompositionen einen Kick – das ist wirklich eine besondere Innovation“, betont Jennifer Bufalo.