Nachhaltig in die Zukunft

Dr. Helmut Frieden, Corporate Sustainability

Als im Juli 2021 das Sorgfaltspflichtengesetz in Kraft trat, das die Verantwortung deutscher Konzerne für Menschenrechte und Umweltschutz entlang der globalen Lieferkette regelt, waren wir darauf gut vorbereitet. Wir hatten schon im April unser „Responsible Sourcing Steering Committee“ (RSSC) gegründet, in dem unsere Corporate Sustainability-Abteilung gemeinsam mit den Einkaufsleitern der Geschäftsbereiche und deren Nachhaltigkeitsleitern zusammenarbeitet. Das Gremium soll unsere Rohstofflieferanten und die indirekten Zulieferer wie Dienstleister oder Packmittellieferanten auf Chancen und Risiken in Sachen Nachhaltigkeit evaluieren.

Mehr und mehr dieser Unternehmen werden wir zum kollaborativen Austausch von Lieferantendaten in die SEDEX- oder EcoVadis-Platformen einladen, um einen immer besseren Überblick über deren Nachhaltigkeitswirken zu bekommen. Das RSSC wird darüber hinaus zum Beispiel unsere Rohstofflieferanten weiterhin auffordern, am CDP-Supply-Chain-Programm teilzunehmen – das machen wir schon seit fünf Jahren. Im Jahr 2021 haben sich so 60 % der Lieferanten, die wir angeschrieben haben, an den Programmen für den Schutz von Klima, Wasser und Wald beteiligt. Mehr als 70 % der Zulieferer haben bereits Klimaziele definiert, die damit verbundenen Maßnahmen haben drei Millionen Tonnen CO 2 eingespart.

Doris Gattermann, Corporate Sustainability

Der Klimawandel schreitet voran und ich bin fest davon überzeugt, dass wir die großen Heraus­forderungen, vor denen wir alle stehen, nur gemein­sam bewältigen können. Es reicht nämlich nicht, wenn nur einige wenige Menschen perfekt Abfälle vermeiden, alternative Energien nutzen oder bewusst einkaufen, sondern Milliarden müssen sich engagieren, auch wenn sie das vielleicht nicht ganz perfekt machen. Wir dürfen aber nicht auf die eine große Lösung warten, sondern müssen einfach beginnen, wenn auch in kleinen Schritten.

Um diese Vorgehensweise bei Symrise zu unterstützen, haben wir das Ambassador-Netzwerk ins Leben gerufen. Wir sind Gleichgesinnte, die die Passion für das Thema Nachhaltigkeit verbindet – über Geschäftsbereichs- und regionale Grenzen hinweg. Mehr als 150 Kolleginnen und Kollegen beteiligen sich mittlerweile und haben sich selbst verpflichtet, das Thema Nachhaltigkeit anschaulich und begreifbar zu machen. Wir diskutieren, was wir als Beschäftigte von Symrise und auch privat tun können, organisieren Informationsveranstaltungen, starten lokale oder überregionale Projekte rund um die Welt. Ein schönes Projekt ist zum Beispiel unser Kochbuch „Lunch for Change“, für das wir im Rahmen einer Projektwoche rund um den UN Food Day 2020 Kolleginnen und Kollegen aufgerufen haben, ihr bevorzugtes nachhaltiges Rezept einzureichen. In dem Buch finden sich vielfältige köstliche Ideen, die gleichzeitig unser Engagement für mehr Nachhaltigkeit untermauern.

Sascha Liese, Corporate Sustainability

Die Biodiversität – also die Vielfalt der Arten und Ökosys­teme – hat für uns gleich zwei wichtige Bedeutungen: Sie ist Inspiration und Vorbild für die Entwicklung von Duftstoffen und Aromen und dient uns auch als reiche Rohstoffquelle. Wir nutzen bei Symrise zum Beispiel wild gesammelte botanische Raritäten aus dem Amazonasregenwald, Duft- und Aromapflanzen aus kleinbäuerlichem Anbau auf Madagaskar oder in Indonesien oder auch zahlreiche Rohstoffe und Seitenströme aus Land- und Forstwirtschaft sowie Fischerei und Aquakultur. 90 % unseres diversen Rohstoffportfolios setzen sich aus Materialien zusammen, die ihren Ursprung in natürlichen oder bewirtschafteten Ökosystemen haben. Biodiversität ist also ein Naturkapital für uns, das wichtig für unseren Geschäftserfolg ist.

Um diese Vielfalt zu unterstützen, müssen wir ebenso vielfältige Maßnahmen ergreifen – denn Biodiversität ist im Gegensatz zum Klima hochgradig kontextspezifisch. Während es bei der Wildsammlung von Naturstoffen aus dem Amazonasgebiet darauf ankommt, die Bestände der Wildpopulationen nicht zu übernutzen, müssen wir bei unserem Patschuli-Projekt in Indonesien vor allem die Bodenbiologie und -struktur verbessern, um die Produktivität des Anbausystems zu erhalten. Auf Madagaskar hingegen ist es uns wichtig, Waldflächen wiederaufzuforsten und Bodenerosion zu bekämpfen. Wir haben daraus ein Prinzip gemacht: Rund um den Globus achten wir bei unseren Interventionsprojekten in strategischen Lieferketten darauf, die wesentlichen Risiken für die biologische Vielfalt im lokalen Kontext zu erkennen und maßgeschneiderte Lösungen zu entwickeln, um diese zu bewältigen.

Natürlich und nachhaltig

Shilpa Panicker, Vice President Global Oral Care, Segment Scent & Care

Natürliche Minzöle sind einer der Inhaltsstoffe, die wir zum Beispiel für Zahnpasta oder Mundspülungen, Kaugummi oder Süßwaren anbieten. Die Mentha Arvensis-Pflanze die über eine Million Kleinbauern in Uttar Pradesh (Nordindien) anbauen, liefert eines dieser Minzöle. Die Lieferkette dort ist sehr einzigartig. Die Landwirte sind oft auf Zwischenhändler angewiesen und können nicht zuverlässig ein existenzsicherndes Einkommen verdienen.

Mit Mint India haben wir ein transformatives Projekt mit vielen Partnern gestartet, in dem wir unter anderem gemeinsam mit Mars, Tanager und der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit das Leben der Bauern, aber auch die Anbaupraktiken optimieren wollen. Wir nutzen dort unsere vielfältigen Erfahrungen, die wir in unseren Bridging-The-Gap-Pro­jekten in Madagaskar, Brasilien und auf den Philippinen gesammelt haben.

Innerhalb kurzer Zeit profitieren nun bereits 25.250 Farmer von dem Programm. Sie erhalten eine umfassende Schulung über gute landwirtschaftliche Praktiken (GAP) wie Fruchtfolgetechniken oder Wassermanagement – das und viele andere Maßnahmen machen den Anbau deutlich nachhaltiger. Außerdem bekommen die Bauern Zugang zu Verarbeitungs- und Destilla­tionstechniken oder zu Finanzmitteln über Genossenschaften. So konnten sie ihre Produktivität um 34 % und ihr Einkommen sogar um 157 % pro Hektar steigern. Außerdem konnten wir viele Frauen und Jugendliche in die Initiative einbinden, was diese als Individuen stärkt und die Lebensqualität der Familien verbessert. Symrise hat ebenfalls viele Vorteile: Die Lieferkette wird transparent und rückverfolgbar, robust und nachhaltig. Bei unseren führenden Oral Care Kunden ist das Projekt auf großes Interesse gestoßen, zumal die Verbraucher heute etwas für die Umwelt tun wollen und mehr Transparenz darüber verlangen, was in ihren Produkten enthalten ist.

Susanne Borchert, Senior Global Marketing Manager für Aroma Molecules, Scent & Care

In sehr vielen Duftkreationen wird der Maiglöckchengeruch als Herznote benötigt. Es ist aber nahezu unmöglich, den Duft der echten Blume einzufangen. Zwar gibt es schon eine große Auswahl von Riechstoffen, die die Charakteristik des Maiglöckchengeruchs ab­bilden können, aber teilweise mit fehlenden Facetten. Des­wegen haben wir ein neues nachhaltiges Duftstoffmolekül namens „Lilybelle®“ entwickelt, das die Vielfalt an Maiglöckchenriechstoffen hervorragend ergänzt. Es kombiniert wässrige, ozonige und grüne Facetten mit einer floralen Maiglöckchennote. Lilybelle® ist Bestand­teil vieler Kompositionen, die wiederum in Feinparfüms, Körperpflegeprodukten wie Körperlotionen, Duschgels und Seifen oder in Haushalts- und Textilpflegeprodukten eingesetzt werden.

Lilybelle® weist aber nicht nur ein nachgefragtes Profil auf, auch die Herstellung ist besonders. Symrise produziert das Duftmolekül nach den Prinzipien der Grünen Chemie, indem wir nachhaltiges D-Limonen nutzen, das als Nebenprodukt bei der Orangensaftherstellung anfällt. Dabei minimieren mehrere katalytische Schritte den ökologischen Fußabdruck. Das Ergebnis: Lilybelle® hat einen hohen Nachhaltigkeitsfaktor. 83 % der Kohlen­stoffatome im Molekül stammen aus erneuerbaren Rohstoffen. Zudem ist es leicht biologisch abbaubar, zerfällt in der Umwelt also schnell in harmlose Bestandteile.

Fanny Rakotoarivello, Forschung und Entwicklung im Bereich Aromapflanzen auf Madagaskar

Die Vanille sorgt in der SAVA-Region auf Madagaskar für das Haupteinkommen der Bauern. Sie verdienen damit allerdings oft nicht so viel Geld, dass es das ganze Jahr für ihre Familien ausreicht. Uns war es wichtig, dass wir ihnen helfen, ein regelmäßiges Einkommen zu erzielen: damit sie unabhängig von Geldverleihern werden und ihren Lebensstandard verbessern.

Wir unterstützen deswegen die Bauern, ihren Anbau zu diversifi­zieren, etwa mit Ingwer, Vetiver, Mandarinen, Patschuli, verschiedenen Pfeffern oder Lorbeer – diese variieren von Gebiet zu Gebiet, je nach Bodenbeschaffenheit und anderen ökologischen Faktoren. Dafür überlassen wir ihnen Setzlinge und Jungpflanzen, bieten Schulungen zu landwirtschaftlichen Techniken, helfen ihnen, die Märkte zu erschließen und stellen die Rückverfolgbarkeit bis zum Bauernhof sowie verschiedene Zertifizierungen wie UEBT, Rainforest Alliance, UTZ, Bio und Fair Trade sicher.

Symrise profitiert ebenfalls davon. Die Bauern können wegen der zusätzlichen Einnahmen aus den anderen Produkten zum Beispiel darauf warten, dass die Vanille die volle Reife erreicht und damit die beste Qualität bietet. Gleichzeitig können wir durch unsere Forschung und Entwicklung vor Ort anhand der vielen verschiedenen Rohstoffe ein nachhaltiges, qualitativ hochwertiges Portfolio zusammenstellen. Da ein großer Teil meiner Arbeit daraus besteht, mit den lokalen Produzenten zu kommunizieren und sie bei den tech­nischen Prozessen zu unterstützen, sehe ich fortwährend, wie beide Seiten davon profitieren.

Innovative Prozesse

Regine Lueghausen, Vice President Global Marketing Food & Beverage

Verbraucher haben heute hohe Erwartungen an Lebensmittel – deswegen müssen auch unsere Geschmackslösungen immer die beste Qualität bieten. Wir setzen daher auf wissenschafts­basierte Geschmackskreation. Mit Symrise-eigenen Upcycling-Technologien wie SymTrap® können wir nachhaltig natürliche Inhalts­stoffe gewinnen und unsere reichhaltige Bibliothek innovativer Rohwaren ständig erweitern.

Gaschromatograph („GC“)-Olfaktometrie und unsere hauseigene LC-Taste® sind zudem Schlüsseltechnologien, mit denen wir Geschmacksstoffe sensorisch identifizieren. Sogenannte künstliche Münder helfen uns dann, das Verhalten eines Aromas beim Ver­zehr zu untersuchen und dabei Auswirkungen von Speichel und Mund­temperatur zu berücksichtigen. Außerdem setzen wir auf Künst­liche Intelligenz. Sie hilft uns beim sogenannten Predictive Modelling, unser Portfolio besonders schnell hinsichtlich geeigneter Zutaten mit gewünschten Eigenschaften zu durchsuchen.

Zahlreiche weitere zukunftsweisende Technologien ergänzen die Fähigkeiten unserer Mitarbeiter perfekt. Diese können Geschmack und Geruch von Inhaltsstoffen ermitteln sowie kreativ neue Kompositionen erstellen. Dafür setzen wir auch auf Experten- und Verbraucherpanels, welche helfen, unsere Produkte mit den Vorlieben der Verbraucher in Einklang zu bringen. Im Zusammenspiel von Mensch und Wissenschaft schaffen wir somit, mit natürlichen und innovativen Rohstoffen charakteristische und vom Verbraucher bevorzugte Geschmackslösungen zu entwickeln.

Nicolas Balon, Projektingenieur im Bereich Pet Food in der Region Asia / Pacific

Der Markt in der Region APAC ist für Tiernahrung dynamisch und sehr attraktiv. Es wird erwartet, dass er zwischen 2021 und 2026 wertmäßig um 19 % wachsen wird. Für uns bietet das ein großes Potenzial, mit unseren Produkten zu diesem Wachstum beizutragen. Um dieser Nachfrage angemessen Rechnung tragen zu können, hätten wir unser ehemaliges Werk erweitern müssen. Deswegen haben wir uns entschieden, eine neue, hochmoderne Produktion an einem anderen, deutlich größeren Standort in derselben Stadt Chuzhou zu bauen.

Dort können wir nun aus unseren natürlichen Rohstoffen die besten Produkte für unsere Kunden herstellen. Aus Hühner- und Rindernebenprodukten in frischer oder gefrorener Form und für einige spezielle Rezepturen auch aus Fischnebenerzeugnissen produ­zieren wir Pulver- und Flüssigprodukte. Außerdem haben wir das Werk mit einer großen Produktentwicklung und zahlreichen Laborgeräten für Analysen ausgestattet. Als erster Standort in der Region Asia / Pacific hat Chuzhou auch das integrierte Experten-Messzentrum Panelis, das wir weltweit einsetzen. Wir beobachten dort die Futterakzeptanz von Hunden und Katzen.

Wie alle unsere neuen Standorte für Heimtiernahrung ist übrigens auch diese Fabrik LEED-zertifiziert, und zwar mit einer Silberbewer­tung. Wir verwenden dort unter anderem verbrauchsarme oder hocheffiziente elektrische Geräte bei der Beleuchtung und Klima­tisierung, haben die Gebäude gut isoliert und Armaturen mit geringem Wasserverbrauch installiert. Außerdem fördern wir mit Ladestationen für Fahrräder und Autos die Nutzung von Elektro­fahrzeugen. So sind wir für eine erfolgreiche Zukunft in der Region vorbereitet.

Thierry Lenice, Leiter der Side-stream-Upcycling-Plattform in der Business Incubation Group bei Taste, Nutrition & Health

Eine Aufgabe unserer Side-stream-Upcycling-Plattform ist es, die Nebenströme von Fleisch, Meeresfrüchten, Obst und Gemüse vernünftig zu ver­werten, die in unseren Fabriken in der Geschäfts­einheit Naturals (Symrise Food & Beverage) anfallen. Wir entwickeln dafür natürliche Prozesse. Einer davon ist die Biokonversion. Dabei verfüttern wir die Obst- und Gemüseströme an Fliegenlarven, die sich davon etwa sieben bis neun Tage ernähren. Vom Anfang des Larvenstadiums bis zum Reifestadium nehmen die Larven einen hohen Proteingehalt auf und konzentrieren diesen. Zum Schluss frieren wir die Larven ein und produzieren aus ihnen zwei Endpro­dukte: Insektenmehl, das wir für Produkte für Aquakulturen oder Tierfutter nutzen möchten, und Insektenöl, das als technische Zutat zum Beispiel im Kosmetikbereich verwendet werden kann. Außerdem sammeln wir sämtlichen Kot der Insekten ein und lassen ihn als organischen Dünger auf Felder ausbringen.

In unseren Testreihen haben wir bisher sechs Nebenströme ausprobiert, unter anderem Sellerie- und Zwiebeltrester sowie Bananenschalen. Der Prozess an sich funktioniert. Nun wollen wir herausfinden, welchen Nutzen welche Produkte haben – ob zum Beispiel ein spezifisches Insektenmehl dank der Biokonzentration von Verbindungen wie Beta-Karotin gesundheitliche Vorteile aufweisen kann. In den folgenden Monaten werden wir evaluieren, wie diese Produkte eingesetzt und auch in größerem Maßstab hergestellt werden können.