Die Nelke ist vielseitig einsetzbar: In Indien gehört das Gewürz fast in jedes Curry, in Europa oder in den USA wird es zumeist in der Weihnachtszeit für Fleischgerichte, Kekse und warme Getränke genutzt und in einigen Gebieten Afrikas aromatisiert es Reisgerichte.

In der Aromatherapie ist das Öl der Nelke ebenfalls beliebt und in weiten Teilen der Welt hat es schon vor Jahrhunderten bei Zahn­schmer­zen geholfen. Dort, im Oral Care-Bereich, spielt es auch für Symrise eine große Rolle. Vor allem in Asien gibt es kaum ein Zahnpflege-Produkt ohne Eugenol, den Hauptbestandteil des Nelkenöls. Das Produkt kauft Symrise vor allem in Indonesien ein. Dort, auf der Insel Sulawesi, hat das Unternehmen die Lieferkette eng mit den Farmern und dem Zulieferer Van Aroma vernetzt. Gemeinsam wurde ein Prozess entwickelt, der den Nelkenanbau ressourcenschonender gestalten soll.

„Vor mehr als zehn Jahren haben wir angefangen, auf Sulawesi Patschuli zu kaufen und zu verarbeiten.“

Sandeep Tekriwal

Miteigentümer & CEO von Van Aroma aus Indonesien

Vor mehr als zehn Jahren haben wir angefangen, auf Sulawesi Patschuli zu kaufen und zu verarbeiten. Auf unseren vielen Reisen über die Insel fiel uns auf, dass es sehr viele Nelkenplantagen gibt, aber kaum jemand die Blätter und die Stängel ­destilliert. Die Blütenknospen wurden verkauft, die restlichen Pflanzenteile selten genutzt. Wir haben dann im Kleinen angefangen und mit den ersten Bauern darüber gesprochen, dass sie auch die Blätter des Nelkenbaumes verwerten und damit ihr Einkommen steigern können. Mittlerweile destillieren wir alle Bestandteile, zum Beispiel auch den Nelkenblütenstaub, der bei der Reinigung übrigbleibt.

Um das Projekt möglichst nachhaltig anzulegen, ­haben wir zwei Ideen verfolgt. Zum einen haben wir in unserer Fabrik in Kolaka die Destillation aus­geweitet und können nun deutlich mehr Nelken­rohstoffe verarbeiten. Zum anderen haben wir angefangen, den Bauern per Kredit Destillations­equipment zu finanzieren und ihnen den Betrieb ­direkt vor Ort zu erklären. Dabei arbeiten wir auch eng mit Symrise als einem unserer wichtigen Kunden zusammen – ein weiteres Beispiel für unsere engen Partnerschaften hier auf Sulawesi. Mittlerweile sammeln rund 300 Landwirte die Blätter, drei haben eigene Destillerien. Für sie hat sich das Projekt schnell rentiert: Sie haben die Kredite innerhalb eines halben bis ganzen Jahres abbezahlt. Und auch wir haben natürlich etwas davon: Gute, nachhaltige, nachvollziehbare und sicher verfügbare Nelken­produkte, die wir gerade auch durch die Koopera­tion mit Symrise weltweit verfügbar machen können.

200
Nelkenbäume wachsen
auf einem Hektar Fläche

Hamzah Toto und Supriyadi

Nelkenbauern aus Induha/Sulawesi

Wir pflanzen, pflegen und ernten unsere Nelkenbäume schon viele Jahre. Die Pflanze gibt uns ein sicheres Einkommen, um unsere Familien zu ernähren. Wir haben acht bzw. zehn Hektar, auf denen Nelken wachsen – pro Hektar sind das ungefähr 200 Bäume. Weil die Pflanzen zu unterschiedlichen Zeitpunkten blühen, müssen unsere Arbeiter und wir wieder und wieder mit unseren Bambusholzleitern bis ganz nach oben klettern und bei jeder Blüte entscheiden, ob der Erntezeitpunkt gekommen ist.

Das ist eine aufwändige Arbeit, die sich aber lohnt, weil wir meistens ­einen guten Preis erzielen. In den vergangenen Jahren haben die Preise ­allerdings stark geschwankt, was uns immer wieder Probleme bereitet hat. Wir sind deswegen sehr froh, dass wir unsere Einkommensmög­lichkeiten verbreitern können. Als Van Aroma kam und uns vorschlug, auch die Blätter zu sammeln, haben wir allerdings erst einmal vorsichtig reagiert, weil das sehr viel Zusatzarbeit bedeutet hätte. Sie haben uns demonstriert, wie wir dafür Netze einsetzen können. Dadurch wurde es einfacher und wir merkten, dass wir wirklich etwas davon haben. Außerdem haben wir mit Hilfe von Van Aroma eine Destille angeschafft, was sich schon nach kurzer Zeit bezahlt gemacht hat. Wir können nun unsere Ernte selbst weiterverarbeiten.

Annie Chan, Qinyi Phua, Alice Leong

Flavoristinnen im Bereich Oral Care bei Symrise Asia Pacific

Wir drei haben als Flavoristinnen wahrscheinlich schon mehrere Hundert Entwürfe für Zahnpasta und Mundwasser entwickelt. Denn das Thema ist komplex: Wir müssen genau verstehen, was unsere Kunden und damit auch die Konsumenten in den verschiedenen Regionen und Ländern wollen. Die Kreation basiert auf den Leitlinien der Kunden und der Marktforschung, die wir gemeinsam mit dem Marketing erarbeiten.

Für die Entwicklung müssen wir aber nicht nur den Geschmack und die Funktionsweisen der Rohstoffe kennen, sondern auch verstehen, wie sich diese in verschiedenen Anwendungen verhalten. Außerdem muss auch der Preis stimmen, damit unsere Kunden bereit sind, unsere Kompositionen zu kaufen. Da wir schon traditionell viele natürliche Produkte verwenden, ist das eine besonders große Herausforderung.

Das Öl aus Nelkenblüten und -blättern und das Eugenol sind für uns essenzielle Rohstoffe, die in wirklich fast jeder unserer Rezepturen dabei sind. Sie geben im Zahnpflege-Bereich zum Beispiel ein gutes Mundgefühl, wirken antibakteriell und antioxidierend. In vielen asiatischen Ländern steht ihr Geschmack deswegen auch für Zahngesundheit. In Ländern wie Sri Lanka, Indien oder Thailand darf dieser ruhig sehr scharf sein, in China und Indonesien dient er eher als eine Art Booster für Frische in der Komposition.

„Wir müssen genau verstehen, was unsere Kunden und damit auch die Konsumenten in den verschiedenen Regionen und Ländern wollen.“

Ramkumar Venkataraman

Vice President Purchasing Asia Pacific, Scent & Care bei Symrise in Singapur

Im Bereich Oral Care gehören die aus der Nelke ­extrahierten Öle zu den wichtigsten Naturstoffen – dazu zählen vor allem das Eugenol, aber zunehmend auch die Blüten- oder Blätteröle. Sie sind ein Grundbaustein für fast alle Produkte, die wir in weiten Teilen Asiens verkaufen. Deswegen ist für uns eine transparente und nachhaltige Wertschöpfungskette auch bei diesem Rohstoff besonders wichtig.

Als unser langjähriger Lieferant Van Aroma, von dem wir neben Nelkenprodukten auch Patschuli- und Citronella-Öle beziehen, mit der Idee für ein gemeinsames Projekt auf uns zukam, waren wir ­sofort begeistert. Auch uns geht es um eine ganzheitliche Entwicklung: Wir wollen die Bauern auf Sulawesi für die Zukunft stärken, damit sie stetig Geld verdienen können, die natürlichen Rohstoffe nachhaltig wachsen und wir gleichzeitig eine sichere Rohstoffquelle haben.

Symrise und Van Aroma haben dazu gemeinsam mehrere Schritte unternommen. Zunächst haben wir den ersten Bauern gezeigt, wie sie mit Netzen unter ihren Bäumen die wertvollen Blätter sammeln können, die sie vorher haben liegen lassen. Dieses ­Training haben wir auf mehrere Communities aus­geweitet. Dann haben wir uns die Produktion vorgenommen: Wir investieren in die technische Ausbildung der Menschen, damit sie mit eigenen Destillationen die Nelken, aber auch viele andere Produkte, weiterverarbeiten und so über das ganze Jahr verteilt Geld verdienen. Das Engagement direkt in den Dörfern hat auch den zusätzlichen Vorteil, dass die Landwirte uns wahrnehmen – und so eine langfristige Zusammenarbeit entstehen kann.

„Wir wollen die Bauern auf Sulawesi für die Zukunft stärken, damit sie stetig Geld verdienen können, die natürlichen Rohstoffe nachhaltig wachsen und wir gleichzeitig eine sichere Rohstoffquelle haben.“

Clair Mok

Marketing Oral Care bei Symrise Asia Pacific in Singapur

Im Marketing schauen wir genau hin, was die Verbraucher mögen und welche Trends es gibt. Wir treffen auf dieser Grundlage auch die Entscheidung, wie stark wir manche Ingredienzien im Endprodukt sichtbar machen. Wenn wir zum Beispiel eine neue Zahnpasta entwickeln und die Nelke ein Hauptbestandteil des Geschmacks, aber auch für die Funktion ist, raten wir unseren Kunden, die Blüten auch auf den Ver­packungen zu zeigen. Es geht immer auch um Emotionen, um das Bekannte, Vertraute. Dazu kommt, und das wird immer wichtiger, der Aspekt der Natürlichkeit.

Es ist interessant, wie unterschiedlich ein Rohstoff wahrgenommen wird. Die Nelke polarisiert. Sie gilt auf manchen Märkten als Element für würziges Essen, auf an­deren wird sie eher bei Süßigkeiten oder in Getränken verwendet. Wenn die Nelke aus dem Bereich des Essens bekannt ist, ist es ein großer Schritt zur Zahnpflege. Das Gewürz steht dann ja eher für einen warmen, scharfen Eintopf und weniger für Frische, Hygiene und gesunde Zähne. In anderen Regionen ist die Nelke hingegen genau dafür bekannt: Sie gilt als anti-bakteriell und anti-oxidant, ist gut für das Zahnfleisch und sorgt für weiße Zähne.

„Die Nelke polarisiert. Sie gilt auf manchen Märkten als Element für würziges Essen, auf an­deren wird sie eher bei Süßigkeiten oder in Getränken verwendet.“

Geschätzt gibt es
30
Millionen Nelkenbäume
auf Sulawesi

Dirk Schwannecke

Vice President Oral Care Asia Pacific bei Symrise in Singapur

Der Markt für Zahnpflege-Produkte in der Region Asia Pacific wächst jährlich um rund 8 %, im Jahr 2024 soll er bis zu 31,5 Mrd. US-Dollar betragen. Zahnpasta, Mundwasser, Zahnseide oder auch Zahnpulver, das vor allem in Bangladesch ­benutzt wird, sind also ein spannendes Feld für uns. Das Wachstum beruht oft auf neuen Produkten, so liegen zum Beispiel gerade Holzkohle und eine Vielfalt anderer Naturstoffe als Aromakonzepte im Trend. Die Nelke bleibt aber einer der Hauptbestandteile.

Das Eugenol, das der geschmackgebende Haupt­bestandteil der Nelke ist, ist einer der 20 wichtigsten Stoffe in Asien im Oral Care-Bereich – neben Menthol, Anethol, Minzölen verschiedener Herkunft oder Eukalyptol. Die Nelke ist dabei aber etwas ganz Besonderes, weil sie je nach Land anders wahr­genommen wird. In Japan und China spielt sie nur eine kleine Rolle. In Süd- und Südostasien sind in 40 bis 60 % der Oral Care-Produkte Nelkenbuketts zu finden, im Spice Belt in Indien, Sri Lanka oder ­Indonesien zum Beispiel. Aber selbst innerhalb der Länder gibt es noch Unterschiede: In Indien zum Beispiel herrscht ein großes Nord-Süd-Gefälle.

„Die Nelke ist etwas ganz Besonderes, weil sie je nach Land anders wahrgenommen wird.“

I Made Karyana

Bauer aus Ladongi/Sulawesi

Vor 40 Jahren ist unsere Familie mit 200 anderen von Bali nach Sulawesi umge­siedelt worden. Der Grund dafür war ein drohender Vulkanausbruch des Mount Agung direkt in der Nähe unseres Heimatdorfs. Wir erhielten ein Grundstück, ein Haus und Essen für zwei Jahre. Mittlerweile sind wir hier auf 300 Familien gewachsen, die unsere balinesische Kultur in unserem Tempel, aber auch zum Beispiel durch den Baustil unserer Häuser am Leben erhalten.

Meine Eltern haben damals wie viele Familien begonnen, ihre Landwirtschaft einzurichten und zum Beispiel Kakao, Pfeffer und Reis anzubauen. Nelkenbäume gab es hier nur vereinzelt. Erst durch Van Aroma haben wir erfahren, wie wertvoll die Pflanze ist. Ich bin zwar eigentlich Englisch-Lehrer an der High School, aber ich habe mich dazu entschieden, die neue Herausforderung anzugehen und neben meiner Arbeit auch in die Landwirtschaft zu investieren. Van Aroma und Symrise helfen uns in dem Projekt dabei, dass wir unsere Bäume richtig anpflanzen, gut ernten und schließlich auch unsere eigene Destillation einrichten und immer weiter optimieren können. Wenn wir Probleme haben, unterstützen die Firmen uns. Wir sind uns sicher, dass wir mit dem neuen Geschäft unsere Dorfgemeinschaft weiter ausbauen und gesund erhalten können.

„Van Aroma und Symrise helfen uns in dem Projekt dabei, dass wir unsere Bäume richtig anpflanzen, gut ernten und schließlich auch unsere eigene Destillation einrichten und immer weiter optimieren können.“

Siddhartha Chatterjee

Senior Flavorist im Bereich Flavor bei Symrise Asia Pacific

Wir setzen in der Aromenentwicklung und -produktion 2.500 bis 2.600 Rohstoffe ein. Die Nelke ist dabei eine wichtige Komponente, die je nach Region ganz unterschiedlich zum Einsatz kommt. In ­Indien und Sri Lanka zum Beispiel in Marsala-Tees, in Indonesien bei Gewürzzubereitungen für Fleisch und in China in Kräuter-Drinks. In vielen Komposi­tionen erzeugt sie den Körper oder gibt die Würzigkeit. Wir nutzen sie zum Beispiel, um Aromen wie Tuttifrutti, Banane und Kirsche herzustellen. Auch in Cola ist der Geschmack essenziell, neben Zitrus­ölen und Vanille.

In der Flavor-Kreation haben wir das Eugenol, aber auch Blätter- oder Blütenöle im Gebrauch. Je nach Anwendungszweck können wir aus den vielen Varianten wählen, um die Mischungen komplexer zu machen. Wir setzen dabei auf natürliche Öle, weil diese authentischer sind und der Trend hier in der Region Asia Pacific wie überall zu mehr Natürlichkeit geht. Die Verwendung hängt auch von den Preisen und der Verfügbarkeit ab. Deswegen freuen wir uns immer, wenn neue nachhaltige Rohstoffquellen erschlossen werden.

2.500 – 2.600
Rohstoffe werden in der Aromen­entwicklung und -produktion eingesetzt

„Wir setzen auf natürliche Öle.“

„Die Nelke ist in der richtigen Dosierung unverzichtbar und schwierig zu ersetzen.“

Norbert Braun

Vice President Innovation & QC Scent & Care bei Symrise in Singapur

In der Parfümerie spielt die Nelke eine unschein­bare, aber wichtige Rolle. Sie darf dort wegen ihrer Intensität auf keinen Fall beherrschend und manchmal auch nicht einmal merkbar sein. Deswegen hat sie dort meist nur einen Anteil von ein bis zehn Pro­mille an den Duftkompositionen. Sie ist aber in der richtigen Dosierung unverzichtbar und schwierig zu ersetzen.

Die Nelke ist auch wissenschaftlich eine interes­sante Pflanze: In der Regel haben ätherische Öle 250 bis 500 Einzelbestandteile, bei ihr sind es nur 50 bis 150 – und die Hauptkomponente ist das ­Eugenol. Es nimmt einen Anteil zwischen 60 und 85% ein, je nach dem, ob man die Blüten, Blätter oder Blütenstiele destilliert.

Das Eugenol ist für uns zwar der Schlüsselbestandteil, aber wir schauen als Forscher auch auf andere Komponenten, um neue interessante Rohstoffe für unsere Parfümeure zu finden. Ätherische Öle sind immer wieder Inspirationen für Düfte und Aromen, die dann in der Zahnpflege, aber auch in Parfüms, Shampoos, Duschgels oder Haushaltsreinigern eingesetzt werden können. Dafür arbeiten wir auch eng mit Van Aroma zusammen.

Ein Beispiel dafür ist die Humulen-Fraktion aus der Nelke, die hauptsächlich aus α-Humulen und β-Caryophyllen besteht. Diese Terpene werden ­bisher kaum genutzt – und wir fragen uns, wie und ob wir diese verwenden können. Das könnte in spannenden neuen Duftnoten resultieren und wäre auch sehr nachhaltig, weil wir die Pflanzen noch konsequenter verarbeiten würden. Um das zu testen, habe ich von meiner letzten Reise nach Indo­nesien auch Nelkenblütenstaub und getrocknete Blütenblätter mitgebracht. Bisher verwerten wir die Öle, die aus ihnen entstehen, noch nicht. Aber nun kann ich im Labor Versuche damit machen. Für mich sind diese Trips auch deswegen so ungemein spannend.