Fisch ist beliebt – und wird immer knapper. Als Alternative zum Wildfang kommen immer mehr Tiere aus Aquakulturen auf den Markt. Um deren Ernährung und Ge­sundheit zu sichern, entwickelt Diana Aqua Produkte, die deren Futter besonders gut verträglich, schmack- und nahrhaft machen. Als Rohstoff verwendet das Unternehmen Beiprodukte aus der Fischindustrie. Einblicke in ein nachhaltiges Konzept und einzigartiges Geschäftsmodell.

Die Menschheit verzehrt jährlich rund 90 bis 95 Mio. Tonnen frisch gefangenen Fisch. Größere Fangmengen wird es in absehbarer Zukunft nicht ­geben, die ­Fischgründe sind am äußersten Limit angekommen. Der Bedarf nach Lachs, Thunfisch, Seebarsch oder Kabeljau aber steigt mit der wachsenden Welt­bevöl­kerung stetig an, außerdem kommen die Wassertiere immer öfter als gesündere Alternative zu Fleisch auf den Teller. Seit den 1950er Jahren werden daher Süß- und Salzwasserfische und Krebstiere wie Garnelen in Aquakul­turen gezüchtet, mit steigender Tendenz. Die Branche, die vor allem in Asien, Südamerika und ­Europa angesiedelt ist, zählt zu den wachstumsstärksten im Lebensmittelbereich, mit jährlichen Zuwachsraten von 5 bis 6 % und einer Gesamtproduktion von 73 Mio. Tonnen Fisch.

Die Aquakultur-Industrie liefert mehr und mehr Fisch und Meeresfrüchte – aber sie bringt auch große Herausforderungen, von der richtigen Ernährung und der Gesundheit der Fische und Shrimps bis zu dem Einfluss der Produktion auf die Umwelt. Ein Beispiel: Es ist nicht einfach, neue nachhaltige Rohstoffe zu finden, um das Wachstum der Aquakulturen zu unterstützen. Das Futter besteht meistens aus Gemüsebestandteilen. Damit es die Fische fressen und der Nährwert hoch genug ist, muss es auch einen Anteil an ­Fischmehl aufweisen, das wiederum aus frischem Fisch produziert wird – rund 15 Mio. Tonnen des Wildfangs werden so genutzt. Die weltweite Produktion ist seit vielen Jahren auf dem gleichen Stand, während die Aquakultur-Industrie wächst, und damit auch der Bedarf nach Fischmehl. Auf Dauer kann dieses Modell nicht funk­tionieren, da sind sich viele Experten sicher: Es müssen neue Rohmaterialien gefunden werden.

Vincent Fournier
Chef der Forschung und Entwicklung von Diana Aqua

Standardisierte Methoden entwickeln

Diana Pet Food gründete deswegen im Jahr 2003 eine kleine Geschäftseinheit, die sich mit diesem Thema auseinan­der­setzen sollte. Von Anfang an dabei war Vincent Fournier, Chef der Forschung und Entwicklung von Diana Aqua, das heute mit 140 Mitarbeitern an Stand­orten in Europa, Asien und ­Lateinamerika Futterbestandteile für die Aquakultur entwickelt und produziert. Der Wissenschaftler – mit einem Doktortitel in Fischbiologie und -ernährung – startete vor 14 Jahren mit den ersten Versuchen, das Futter zu perfektionieren. „Wir hatten gleich mehrere Auf­gaben: Den Anteil an Fisch­mehl im Fischfutter zu reduzieren, es schmack- und nahrhaft zu machen und zugleich die Fischgesundheit zu unterstützen“, sagt er, während er durch das Testzentrum des Unternehmens in Brest führt. Es liegt am Rande der Hauptstadt der Bretagne, nur einen Steinwurf vom Atlantik entfernt.

Der 44-Jährige hat die Anlage auf dem Gelände eines französischen Forschungsinstituts aufgebaut und dort Prüfmethoden entwickelt, um es ihm und seinem Team zu ermöglichen, verschiedene Futterbeigaben an Europäischen Seebarschen zu testen. „Wir experimentieren hier unter anderem nach strikten, standardisierten Methoden mit der Palatibilität unserer Produkte, indem wir die Futterauf­nahme und das Wachstum der Fische beobachten.“ Ein weiterer Schwerpunkt liegt darauf, wie gesund die Tiere sind, wenn sie langfristig über acht bis zwölf Wochen mit Produkten gefüttert werden, die kein oder wenig Fischmehl enthalten. Vergleichbare Testcenter hat Diana Aqua in Ecuador und Vietnam eingerichtet, um unterschiedliche Tierarten unter verschiedenen Aufzuchtbedingungen zu untersuchen.

„Wir haben erkannt, dass manche größere Peptide auch bioaktive Wirkungen haben und Prozesse im Körper der Tiere aktivieren.“ 

Vincent Percier
General Manager bei Diana Aqua

Bis es soweit war, dass Vincent Fournier seine ersten Produkte testen konnte, vergingen einige Jahre intensiver Forschung. „Wir mussten herausfinden, was das Futter für die Aquakultur-Fische besonders anziehend, nahrhaft und gesund macht. Der Schlüssel dazu sind die Peptide in den Rohstoffen aus dem Meer“, sagt Fournier. Um sie zu produzieren und zu konzentrieren, verfeinerte der Forscher einen Hydrolisationsprozess – dabei werden mit Hilfe von Enzymen, speziellen pH-Werten und klar definierten Drücken und Temperaturen Peptide freigesetzt. Das Vorgehen muss man sich ungefähr wie eine Vorverdauung vorstellen, die den Fischen in der Aquakultur die Nahrungsaufnahme erleichtert. „Die Verdauung des hydrolisierten Rohmaterials liegt bei 99 %, bei Fischmehl da­gegen nur bei 90 bis 92 % oder sogar darunter.“ Der zweite Kernpunkt der Forschung drehte sich um den Rohstoff. Vincent Fournier nutzt zum Beispiel Thunfisch-Eingeweide, Tilapia-Gräten oder Shrimps-Köpfe, die bei der Nahrungsmittelproduktion übrig bleiben und sonst einfach entsorgt würden. Auf diese Weise wird der meiste Wert aus dem Material gezogen.

Der Weg zum ersten Produkt war langwierig. „Es gab keine bekannte standardisierte Methode, um die Futterakzeptanz zu messen“, sagt Vincent Fournier, der einen Meilenstein für die Branche setzte, der bis heute besteht. Auf Grundlage seines ersten Produkts – des AP31 – entstanden bisher 13 weitere, die als Flüssigkeit oder als Pulver verkauft werden. Und es werden jährlich mehr. Ein spe­zielles Produkt steigert zum Beispiel die Immunität der Tiere und damit deren Widerstandskraft gegen Krankheitserreger – dadurch müssen weniger Medikamente gegeben werden. Ein anderes Produkt verbessert die Darmgesundheit der Fische: Die Nahrung wird so besser aufgenommen und die Tiere werden resistenter gegen Krankheiten. 

Forschung für neue Absatzmärkte

Wo die Reise hingeht? Vincent Percier kennt die Antworten. Der Diplomingenieur mit dem Schwerpunkt Landwirtschaft ist General Manager Europa bei Diana Aqua. Auf Grundlage der Forschung sucht er nach neuen Absatzmärkten. „Wir haben zum Beispiel erkannt, dass manche größere Peptide auch bioaktive Wirkungen haben und Prozesse im Körper der Tiere aktivieren.“ Ein Produkt sorgt zum Beispiel dafür, dass die Aquakultur-Fische weniger Stress mit wechselnden Wassertemperaturen bekommen und normal fressen. Ein anderes Produkt ist eine Futterbeigabe, welche die Futteraufnahme beschleunigen soll. „Je schneller die Tiere groß sind, umso weniger werden sie von Krankheiten befallen“, sagt Vincent Percier. Ein drittes Projekt legt den Schwerpunkt darauf, wie die Peptide unterschiedlicher Fischarten nach der Hydrolyse wirken. „Tilapia-Hydrolysat kann gut bei der Doradenzucht eingesetzt werden, weil die Peptide besonders gut deren Verdauung und damit auch ihr Wachstum unterstützen.“

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hydrolisierte Produkte hat das Team von Diana Aqua bisher entwickelt.

Vincent Percier hält auch den Kontakt zu den Lieferanten. „Wir kooperieren zum Beispiel mit dem größten Thunfisch-Verarbeiter in Thailand, von dem wir die Innereien kaufen, die dort nach dem Filetieren übrig bleiben.“ Der Prozess ist so ausgefeilt, dass die Reststoffe zwei Stunden nach der Verarbeitung in die Produktion von Diana Aqua einfließen.

Ein großes Thema ist für Vincent Percier auch Nachhaltigkeit. Die Diana Aqua-Produkte sorgen dafür, dass gerade beim Wildfang die Konkurrenz zwischen der Fischmehlerzeugung und der Nahrungsmittelproduktion für die Menschen geringer wird. „Wir können da einen signifikanten Einfluss nehmen“, sagt Percier. „Ein Beispiel: Wenn ein Futter mit einem Fischmehl-Anteil von 20 % ausreichend Palatibilität und Nahrung bietet, können wir dieselbe Performance erzeugen, indem wir nur 10 % Fischmehl und 3 % unseres hydrolisierten Produkts dazugeben.“ Ein weiterer Effekt: Weil das Futter so gut verdaut wird, werden die Ausscheidungen der Fische ­reduziert. Das wiederum ist gut für die Umwelt, weil sich weniger ­Sedimente im Wasser bilden.

„Wir müssen den Fisch und seinen Stoffwechsel noch besser verstehen, um für die Hunderte unterschiedlicher Fischarten, die in Aquakulturen gezüchtet werden, die idealen Nahrungsbeigaben zu entwickeln“, ergänzt Vincent Fournier. Dafür arbeitet Diana Aqua unter anderem mit der Jeju National Universität in Südkorea und der Universität von Caen in der Normandie zusammen. Der Wissenschaftler ist sicher: „Die Anwendungsmöglichkeiten sind fast unendlich. Und mit jedem innovativen Produkt tragen wir einen kleinen Teil zu einer nachhaltigeren Fischwirtschaft bei.“