Mit Hilfe der Grünen Chemie und hoher Innovationskraft gestalten die Duftexperten von Symrise das Portfolio seit Jahren um: zu biologisch abbaubaren Duftstoffen, die aus Naturprodukten stammen. Am Beispiel des Riechstoffs Dihydromyrcenol ist abzulesen, was dafür nötig ist.

INNOVATION UND ENTWICKLUNG

„Die Aufgabe ist so klar wie herausfordernd“, sagt Johannes Panten. „Wir selbst, die Verbraucher und unsere Kunden, die zum Beispiel Parfüms, Shampoos oder Reinigungsmittel produzieren, wollen zukünftig biologisch abbaubare Duftstoffe“, erklärt der Innovationsscout, der seit 30 Jahren im Konzern arbeitet. „Außerdem sollen sie aus natürlichen Rohstoffquellen stammen. Und das bedeutet eine große Transfor­mation, weil viele Stoffe momentan aus fossilen Ressourcen hergestellt werden.“

Dabei wurden ursprünglich vom Beginn der antiken Parfümerie bis weit ins Mittelalter fast alle Düfte aus der Natur gewonnen, indem man zum Beispiel Blüten von Pflanzen mit verschiedenen Verfahren behandelte. „Im 20. Jahrhundert stellte man dann aber fest, dass die natürlichen Ressourcen für den rasant steigenden Bedarf nicht mehr reichten“, sagt Johannes Panten. Das hatte verschiedene Gründe, wie etwa die Einführung moderner technischer Verfahren für die Reinigung von Wäsche. Die Waschmaschine nahm ihren Siegeszug Mitte des vorigen Jahrhunderts, ausgehend von den USA. Der Bedarf an Grund- und damit auch Geruchsstoffen für Waschpulver stieg sig­nifikant an. Ein weiterer Grund ist der in der Parfümindustrie sehr begehrte Moschusduft, der in fast jedem Parfüm steckt. Dieser wurde früher aus einer Drüse am Bauch des wild lebenden Moschushirsches gewonnen, das Tier musste dafür getötet werden. Aus Tierschutzgründen und nicht zuletzt wegen der Kostenersparnis stieg die Branche auf die synthe­tischen Stoffe um.

Was heißt biologisch abbaubar?

Ein Stoff ist biologisch abbaubar, wenn er nach dem Gebrauch in der Natur nicht akkumuliert, sondern nach einer bestimmten Zeit unter anderem zu CO2 wird. Das Kohlendioxid nehmen die Pflanzen auf und verwandeln es wieder in Biomasse. Für diesen Vorgang gibt es Vorgaben der OECD, die Symrise bei seiner Produktentwicklung erfüllt. Eine Definition besagt zum Beispiel, dass Stoffe in Parfüms, Haushaltsreinigern oder Shampoos im Abwasser vom Klärschlamm in 28 Tagen zu 60 % abgebaut sein müssen.

Wir wenden die Prinzipien der Grünen Chemie an, in dem wir Abfall vermeiden und Seitenströme werthaltig machen.Johannes Panten, Innovationsscout bei Symrise

Neuer Ansatz: Grüne Chemie

Das Rad nun wieder zurück zu den natürlichen Rohstoffen zu drehen, ist nicht so einfach. „Bei manchen Stoffen suchen wir uns als Alternative zu den synthe­tischen Produkten Rohstoffe aus der Natur“, erläutert Panten den Weg. Ebenso nutzt Symrise seit Jahren Restströme aus Produktionsprozessen, in denen Natur­stoffe verarbeitet werden. „Wir wenden die Prinzipien der Grünen Chemie an, indem wir Abfall vermeiden und Seitenströme werthaltig machen.“

Ein Beispiel dafür ist Dihydromyrcenol, das auf dem Weltmarkt zu Tausenden Tonnen benötigt wird. Es ist einer der wichtigsten Duftstoffe, riecht zitrus-artig und krautig. Es wird sowohl in Parfüms als auch in Shampoos oder Reinigungsmitteln eingesetzt und ent­steht aus einem Nebenprodukt der Papierproduk­tion. Johannes Panten nimmt einen Filzstift und zeichnet den Prozess auf ein Flipchart. Deutlich vereinfacht natürlich, weil die chemische Wirklichkeit komplexer ist. „Alles startet in den Pinienwäldern Nordamerikas, wo das Holz nachhaltig angebaut und dann mit Hilfe des sogenannten Kraft-Prozesses zu Zellstoff für die Papierproduktion verarbeitet wird. Dort entsteht als ein Seitenstrom Rohsulfat-Terpen­tinöl“, erklärt Panten. Das Symrise Werk in Jacksonville in Florida nutzt diesen Seitenstrom und entfernt den Schwefel, der als Teil eines Lösungsmittels hin­zugefügt worden war. Anschließend trennt das Unternehmen das Material u.a. in Alpha- und Beta-Pinene – flüchtige Flüssigkeiten mit terpentinarti­gem Ge­ruch – und wandelt diese durch Hydrierung und Pyrolyse in bioabbaubare Duft- und Aromen-Inhaltsstoffe um: in Linalool, Citronellol, Geraniol – und eben in Dihydromyrcenol.

Der Brückenbauer

Das Produktionsverfahren hat die US-amerikanische Firma Renessenz entwickelt, die seit 2016 zu Symrise gehört. Im Laufe der Jahre hat Symrise den Prozess weiterentwickelt. Dazu hat Johannes Panten zunächst ein Screening durchgeführt, um nicht nur nach den modernsten Prozesstechnologien, sondern auch nach geeigneten externen Partnern zu suchen, die zusammen mit den internen Forschern die Optimie­rungsarbeiten durchführen können. Einer der Hauptbestandteile seines Jobs ist genau das: Mit Start-ups, Hochschulen, Forschungseinrichtungen oder Zulieferern „als Brückenbauer“, wie er es selbst nennt, in Kontakt zu treten und die besten Lösungen zu finden.

Für die Herstellung des Dihydromyrcenols erweist sich der niederländische Prozessentwickler Innosyn als der richtige Partner. Am Standort Brunswick auf Colonels Island in Georgia hat der Symrise Chemieingenieur Thomas Mikulencak mit seinem Team dann einen neuen Prozess eingeführt, getestet und skaliert. „Wir arbeiten mit einem Verfahren der Flow-Chemie. Das Besondere ist der kontinuierliche Zustrom der Rohstoffe und ebenso andauernde Abfluss der Reaktionsprodukte“, sagt Mikulencak. „Es ist sehr effizient, es entstehen kaum Reststoffe, weil wir das gesamte Startmaterial, das wir einsetzen, auch verarbeiten. Und es funktioniert viel selek­tiver: Das heißt, dass wir in den Reaktionen punktgenau das Ergebnis erhalten, was wir wollen.“ Außerdem wurden die potenziellen Kapazitäten für die Dihydromyrcenol-Produktion erhöht, Symrise kann mit der Anlage also weiterhin wachsen.

Der Chemieingenieur Thomas Mikulencak hat mit seinem Team am Standort Brunswick auf Colonel Island in Georgia ein Verfahren der Flow-Chemie weiterentwickelt und eingeführt.

„Wir arbeiten mit einem Verfahren der Flow-Chemie. Das Besondere ist der kontinuierliche Zustrom der Rohstoffe und ebenso andauernde Abfluss der Reaktionsprodukte.“

Thomas Mikulencak,
Chemieingenieur bei Symrise

Die Optimierung der Abläufe gestaltete sich nicht einfach, weil die Produktion gleichzeitig weitergehen musste. „Deswegen war es so wichtig, einen starken Partner wie Innosyn an der Seite zu haben, der mit uns im Labor den Prozess so weit entwickelt hatte, dass wir ihn 1:1 umsetzen konnten“, sagt Thomas Mikulencak. In der Chemie muss ein Verfahren sehr gut durchdacht und natürlich auch getestet werden, um das optimale Ergebnis zu erhalten. „Die Flow-Chemie eignet sich dafür besonders gut, weil wir die Reaktionsparameter wie hier zum Beispiel die Tem­peraturen sehr genau kontrollieren können.“ Der Prozess – auch das macht der Experte klar – ist speziell auf das Dihydromyrcenol zugeschnitten. „Die kleinen Verbesserungen lohnen sich vor allem bei den großen Produktionsmengen“, sagt Thomas Mikulencak. „Aber wir lernen bei jeder neuen oder optimierten Anlage dazu, um auch in Zukunft nachhaltige Prozesse aufsetzen und ausbauen zu können.“