Der Schutz des Klimas und der Umwelt, soziales Engagement und eine gute Unternehmensführung ziehen sich bei Symrise durch die gesamte Wert­schöpfungskette. Das Unternehmen hat bereits seit dem Börsengang 2006 einen strukturierten Prozess aufgesetzt, den es immer weiter verfeinert, erklärt Chief Sustainability Officer Bernhard Kott im Interview. Mit klar definierten Prioritäten, zusammen mit starken Partnern und mit viel Engagement der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter will Symrise seine ambitionierten Ziele erreichen.

GESELLSCHAFT, KLIMA, BIODIVERSITÄT

Herr Kott, die Vereinten Nationen haben 17 Ziele für eine nachhaltige Entwicklung festgelegt – die Sustainable Development Goals, kurz SDGs – an denen sich auch Symrise orientiert. Können Sie alle diese Ziele gleichermaßen angehen oder müssen Sie Prioritäten setzen?

Zunächst einmal sind wirtschaftlicher Erfolg, Nachhaltigkeit und gesellschaftliche Akzeptanz bei uns untrennbar miteinander verbunden. Nachhaltigkeit ist ein integraler Bestandteil der Unternehmensstrategie, den wir in allen Prozessen berücksichtigen und stärken. Wir arbeiten deshalb daran, sämtliche SDGs entlang unserer Wertschöpfungskette und transparent für unsere Stakeholder zu erfüllen. Aber natürlich müssen wir auch an einigen Stellen unsere Ressourcen bündeln und uns auf bestimmte Prozesse und Projekte konzentrieren. Alles andere wäre nicht effizient.

Auf welcher Grundlage entscheiden Sie, wo Sie welche Ressourcen einsetzen und worauf Sie besonderen Wert legen?

Wir haben einen strukturierten Prozess gestartet, um unsere Prioritäten auch richtig setzen zu können. Dabei stellen wir die SDGs in den Vordergrund und haben systematisch unsere Ambitionen formuliert, die auch eine Relevanz für unser Geschäft haben. Denn nur, wenn wir den wirtschaftlichen Erfolg mit den Nachhaltigkeitsbemühungen verbinden, können wir etwas erreichen. Dazu wollen wir erstens unseren CO2-­Fußabdruck entlang der Wertschöpfungskette minimieren, zweitens bei der Rohstoffbeschaffung die Nachhaltigkeit unseres Port­folios maximieren, um einen positiveren Einfluss auf Sozi­­ales und Umwelt zu haben, und drittens unter dem Begriff „Care“ die Lebensbedingungen unserer Stakeholder verbessern. Darunter haben wir wiederum eine ganze Reihe konkreterer Ziele formuliert.

Wie beziehen Sie in diesen Prozess die Stakeholder mit ein?

Mit einer Wesentlichkeitsanalyse haben wir die für uns bedeutenden Nachhaltigkeitsthemen herausgefunden, indem wir uns die drei oben genannten Bereiche intensiv angeschaut haben. Dafür haben wir unter anderem 1.300 Mitarbeiter und Experten, darunter Kunden, Investoren oder Lieferanten befragt. Die Schlüsselfrage war: Was sind die Hauptauswirkungen unserer Geschäftstätigkeit auf Umwelt, Natur und die Gesellschaft?

Was war das Ergebnis?

In der Analyse haben wir vier Top-Prioritäten identifiziert: Klimaschutz und Anpassung an den Klimawandel, Beschaffungspraktiken und Menschenrechte, Rohstoffe und Kreislaufwirtschaft sowie Umweltschutz und Biodiversität.

Wir wollen bis 2045 in der gesamten Lieferkette klimaneutral sein, inklusive der durch Lieferanten erzeugten Rohstoffe.Bernhard Kott, CSO bei Symrise

Chief Sustainability Officer Bernhard Kott sieht Nachhaltigkeit als integralen Bestandteil der Unternehmensstrategie.

Wie füllen Sie diese im Einzelnen?

Beim Thema „Klimaschutz und Anpassung an den Klimawandel“ verfolgen wir zum Beispiel das Ziel, unsere Treibhausemissionen im Scope 1 und 2 so zu verringern, dass wir im Jahr 2030 in diesem Bereich klimapositiv sind. Dazu gehören Energien wie Öl und Gas, die Energiedienstleister an uns liefern, und der Strom, den wir selbst erzeugen oder von Stromliefe­ranten beziehen. Schon seit 2020 nutzen wir übrigens nur noch Strom aus erneuerbaren Quellen. Beim Scope 3, der die Emissionen umfasst, die etwa bei der Rohstofferzeugung oder beim Transport entstehen, wollen wir dann im Vergleich zu 2020 die Effizienz um 30 % bis 2025 gesteigert haben. Dafür haben wir einen Low Carbon Transition Plan entwickelt, den wir mit vielen Projekten angehen. Unsere Ziele sind von der Science Based Targets Initiative mit dem höchsten Ambitionsgrad anerkannt (Positiv in die Zukunft). So wollen wir bis 2045 in der gesamten Lieferkette klimaneutral sein, inklusive der durch Lieferanten erzeugten Rohstoffe.

Beim Scope 3 hängt Ihr Erfolg ja auch davon ab, was Ihre Zulieferer tun. Wie können Sie dort Einfluss nehmen?

Mit allen unseren Hauptlieferanten sind wir ständig im Gespräch darüber, wie sie sich unseren ehrgeizigen Science Based Targets annähern können. 87 % von ihnen haben mittlerweile eigene Klimaschutzziele ausgegeben. Auch bei unseren kleineren Zulieferern haben wir die ESG-Kriterien im Blick, also die Bereiche Umwelt (Environmental), Soziales (Social) und verantwortungsvolle Unternehmensführung (Governance).

Damit kommen wir zum Thema „Beschaffungspraktiken und Menschenrechte“. Wie ist der Stand da?

Seit Anfang 2023 gilt das deutsche Lieferkettengesetz, dessen Vorgaben wir ab diesem Jahr erfüllen müssen. Anfang 2024 müssen wir über unsere Risiken und Abhilfemaßnahmen berichten. Wir übernehmen aber jetzt schon die Verantwortung für unsere Zulieferer, etwa bei der Achtung international anerkannter Menschenrechte und bestimmter Umweltstandards. Das ist nicht trivial, wenn wir sehen, dass wir mit mehr als 15.000 direkten und indirekten Lieferanten weltweit zusammenarbeiten. Gegen Ende 2023 erwarten wir noch das Lieferkettengesetz auf EU-Ebene, das wahrscheinlich noch strengere Vorgaben enthält und spätestens nach zwei Jahren in nationales Recht umgewandelt werden muss. Bereits 2021 haben wir damit begonnen, einen systematischen Prozess einzuführen, um die Menschenrechts- und Umweltrisiken unserer Lieferanten identifizieren zu können, und gleich zu Anfang letzten Jahres hat der Vorstand die Grundsatzerklärung zu Menschenrechten veröffentlicht. Weiterhin haben wir Mitte des letzten Jahres eine Richtlinie zur verantwortungsvollen Beschaffung und den Verhaltenskodex für Lieferanten veröffentlicht.

Sie haben außerdem das Amt eines Menschenrechtsbeauftragten im Konzern eingeführt.

Bereits im April 2021 hat unser „Responsible Sourcing Steering Committee“ (RSSC) seine Arbeit aufgenommen, in dem unser Corporate Sustainability Team mit den Einkaufsleitern der Segmente und deren Nachhaltigkeitsleitern die Vorgaben des Lieferkettensorgfaltspflichtengesetzes umsetzen. Die vom Vorstand neu berufene Funktion des Menschenrechtsbeauftragten überwacht die Umsetzung des Riskmanagements zu unseren Lieferanten sowie die eingeleiteten Abhilfe- und Präventionsmaßnahmen. Darüber hinaus hat der Menschrechtsbeauftragte einen Beschwerdemechanismus installiert, über den externe Interessenvertreter anonym Meldungen in Bezug auf Menschenrechte und Umwelt an das Sustainability Office richten können, ohne Repressalien befürchten zu müssen.

Beim dritten Punkt „Rohstoffe und Kreislaufwirtschaft“ geht es auch um den Einkauf von Produkten. Wie kommt es zu dem Fokus auf die Kreislaufwirtschaft?

Sie ist schon länger einer der Kerne unseres Geschäftsmodells, wir haben nur nie so viel darüber gesprochen. Wir setzen auf Circular Economy in unserem gesamten Rohstoff- und Produktportfolio, indem wir Rohstoffe möglichst zu 100 % verbrauchen, Reststoffe vermeiden oder Materialien wieder in Produktionsprozesse zurückführen und so wertschätzen – und Recyclingkosten vermeiden. Bei einem Drittel unserer Duftkompositionen zum Beispiel basieren die Inhaltsstoffe auf Holz, das wir auf diese Weise nutzen. Die Kreislaufwirtschaft wird entscheidend sein, um die Klima- und Umweltziele zu erreichen. Denn es ist ganz klar: Wir verbrauchen zu viele Rohstoffe, wir muten der Erde zu viele Abfälle zu – und wir nutzen das, was sie uns bietet, nicht einmal vollständig. In der Lebensmittelindustrie etwa geht ein Drittel der globalen Agrarproduktion heute entlang der Nahrungskette verloren oder wird verschwendet. 50 % der globalen Treibhausgasemissionen und 90 % des Verlusts der Artenvielfalt werden zudem durch die Rohstoffförderung und -verarbeitung verursacht.

Ihre Ziele werden ergänzt um den letzten Punkt: Umweltschutz und Biodiversität. Wie wollen Sie hier weiter vorankommen?

Symrise hat sich schon im Jahr 2010 eine Klimastrategie gegeben, die uns in allen Bereichen nachhaltiger machen sollte. Wir haben uns also gut positioniert. Damit das so bleibt, stellen wir uns vielen Zertifizierungen, richten uns an den Science Based Targets aus und berichten transparent über unsere Nachhaltigkeitsaktivitäten. Außerdem beteiligen wir uns an Initiativen. Ein Beispiel dafür: Eder Ramos, unser Globaler Präsident für den Bereich Fragrance, ist im Juni 2022 zum ehrenamtlichen Vorsitzenden der Union for Ethical BioTrade (UEBT) gewählt worden, die als internationale gemeinnützige Organisation die verantwortungsvolle Beschaffung von natürlichen Rohstoffen fördert. Hier können wir uns also aktiv einbringen. Ein weiteres Beispiel: Wir integrieren mittlerweile naturbezogene Risiken und Chancen in unsere Entscheidungsfindung, wie sie die internationale Task Force on Nature-related Financial Disclosure vorgibt.

Anfang 2023 kam die Nachricht, dass Symrise beim jährlichen Nachhaltigkeits-Rating der renommierten gemeinnützigen Organisation CDP – dem früheren Carbon Disclosure Project – erneut Bestnoten erreicht hat. Wie wichtig sind solche Auszeichnungen?

Wir freuen uns immer wieder sehr darüber, weil sie zeigen, dass unsere engagierte Arbeit Früchte trägt. Symrise erhielt drei Mal die Note A im jährlichen Nachhaltigkeits-Rating von CDP. Wir erhielten die Bewertung für den Schutz von Klima, Wasser und Wald. Basierend auf den Daten des CDP aus dem 2022er Programm gehört Symrise zu den 13 Unternehmen, die drei Mal die Note „A“ erhielten – von insgesamt 15.000 teilnehmenden Unternehmen weltweit. Damit konnte Symrise zum dritten Mal in Folge die strengen Nachhaltigkeitskriterien erfüllen und an die Auszeichnungen der Vorjahre anknüpfen. Wir sind also weiterhin auf einem sehr guten Weg, den wir gemeinsam mit unseren Mitarbeiterinnen, Mitarbeitern und Partnern weiter gehen werden.