Symrise integriert seit Jahren das Thema Nachhaltigkeit in seine Geschäftsprozesse. Wie das gelingt, erklärt Chief Sustainability Officer Bernhard Kott im Interview. Dabei wird klar: Der Weg zu einem Unternehmen, das auf allen Ebenen nachhaltig handelt, bedarf guter Strukturen, starker Innovations­kraft und viel Engagement.

GUTE UNTERNEHMENSFÜHRUNG, KLIMA, BIODIVERSITÄT

Egal, was Symrise seit einigen Jahren kommu­niziert: Es geht neben den geschäftlichen Zielen und Erfolgen immer auch um Nachhaltigkeit. Wird das in Zukunft so bleiben?

Für uns ist Nachhaltigkeit Teil unserer DNA und zum integralen Bestandteil unserer Strategie geworden. Wir wollen und können gar nicht mehr ohne. Deswegen werden wir uns jetzt und in Zukunft bei jeder Entscheidung immer wieder vergewissern, ob diese auf unsere ESG-Kriterien einzahlt – also, ob wir die Umwelt, die sozialen Belange und eine gute Unternehmensführung dabei berücksichtigen. Denn nur, wenn wir nachhaltig handeln, können wir auch erfolgreich wirtschaften. Um die Frage zu beantwor­ten: Ja, Nachhaltigkeit wird für immer bleiben. Ich denke, dass wir sie irgendwann vielleicht nicht mehr so oft kommunizieren müssen, weil sie so selbst­verständlich geworden ist.

Was sind für Sie die wichtigsten Beweggründe, nachhaltig zu handeln?

Da gibt es viele. Einer ist zum Beispiel, dass wir in allen unseren Geschäftsbereichen immer stärker auf natürliche Rohstoffe setzen. Die Natur ist also einer der entscheidendsten Erfolgsfaktoren für uns. Nur wenn wir die Biodiversität, das Klima und die Menschenrechte schützen, können wir in Zukunft ausreichend vielfältige und qualitativ hochwertige Rohstoffe bekommen und diese weiterverarbeiten. Auch deswegen setzen wir so stark auf die Rückwärtsintegration in den Herkunftsländern, indem wir enge Partnerschaften eingehen und uns für die Menschen vor Ort engagieren.

Wie verfolgen Sie das Thema in der Wertschöpfungskette weiter?

Bei der Produktentwicklung nutzen wir die Rohstoffe so effizient, wie es möglich ist. Wir suchen immer nach neuen Wegen, wie wir zum Beispiel im Sinne der Kreislaufwirtschaft Reststoffe aus der eigenen Produktion für verschiedene Geschäftsbereiche und Produktlinien einsetzen können (siehe „Gemüsevielfalt“). Außerdem nutzen wir Seitenströme aus anderen Produktionen und verarbeiten sie zu werthaltigen Stoffen (siehe „Alles im Flow“). Oder wir verwenden eigens entwickelte Technologien, die dort noch einen Mehrwert generieren, wo es ihn früher nicht gab (siehe „Mehrwerte schaffen“).

Wie gut kennt Symrise die Umweltauswirkungen seiner Produkte?

Wir haben eine Product Sustainability Score­card für unsere 200 wichtigsten Produkte entwickelt. Wir beziehen dort auch die Produktionsmethoden der Grünen Chemie ein. Wir erfahren so, auf welche Weise wir was produzieren müssen, um möglichst nachhaltig zu sein.

Für uns ist Nachhaltigkeit Teil unserer DNA und zum integralen Bestandteil unserer Strategie geworden.Bernhard Kott, CSO

Auf welche Weise nehmen die Stakeholder von Symrise Einfluss auf diese Entwicklung?

Die Hersteller von Konsumgütern, die wir ja weltweit mit den entscheidenden Zutaten beliefern, setzen seit Jahren stark auf Nachhaltigkeit. Die Verbraucher machen Druck, die Politik erlässt Gesetze – und auch die Vernunft sagt, dass der Klimawandel sonst nicht aufzuhalten ist. Wir sind von Anfang an enge Partnerschaften mit unseren Kunden eingegangen, um gemeinsam Modelle zu finden, wie wir nachhaltig und gleichzeitig wirtschaftlich zusammenarbeiten können. Gemeinsam mit NGOs haben wir rund um die Welt Projekte aufgesetzt, bei denen wir die Anbaumethoden optimieren, die Bauern schulen, ihr Einkommen diversifizieren, verbessern und so die Biodiversität schützen. Diese Blaupausen funktionieren sehr gut und sollen auf andere Projekte ausgeweitet werden. Deswegen und wegen unserer Aktivitäten an unseren Standorten sind wir vom Carbon Disclosure Project (CDP) wieder bei allen drei geprüften Themen – also „Klimawandel“, „Wälder“ und „Wasserschutz“ – mit der Bestnote ausgezeichnet worden. Das haben nur 14 von mehr als 13.000 Unternehmen weltweit geschafft. In Deutschland sind wir die einzigen.

Sie sprechen von den Kunden. Doch auch der Finanzmarkt macht ordentlich Druck, oder?

Ja, in einigen Jahren wird es sicherlich kaum noch Kapitalmaßnahmen geben, die keinen Nachhaltigkeitsfaktor enthalten. Wir haben im vergange­nen Jahr eine revolvierende Kreditlinie über 500 Mio. € abgeschlossen, bei der unsere Nachhaltigkeitsverpflichtungen einbezogen werden. Dabei haben wir drei Indikatoren bestimmt, die wir erfüllen müssen: Erstens wollen wir bis 2025 unsere Öko-Effizienz um 63 % gegenüber 2016 steigern und damit die Treibhausgas-Emissionen senken, bezogen auf die Wertschöpfung. Zweitens wollen wir alle strategischen biologischen Rohstoffe ebenfalls bis 2025 nachhaltig beschaffen und drittens die Effizienz des Wasser­verbrauchs in unseren Produktionen in wasserarmen Gebieten wie Mexiko, Indien und Ägypten verbessern. Wenn wir das schaffen, bekommen wir einen Abschlag auf den Kreditzins, wenn nicht, eine Erhöhung. Wer auch immer am Ende mehr bezahlt: Die Summe wird an die Organisation „Save the Children“ gespendet. Übrigens: Die Nachhaltigkeitsziele sind zudem in die Vorstandsvergütung mit eingebettet.

Welche Strukturen haben Sie für das Erreichen der Nachhaltigkeitsziele aufgebaut?  

Neben dem CEO Dr. Heinz-Jürgen Bertram und mir, wir treiben maßgeblich die strategische Ausrichtung, arbeiten in unserem Sustainability Board Spezialisten zum Thema Nachhaltigkeit aus allen Unternehmensbereichen – inklusive Human Resources, Kommunikation, Investor Relations und den einzelnen Geschäftsbereichen. Dazu kommt ein Netzwerk von mittlerweile über 150 Nachhaltigkeitsbotschaf­tern in der ganzen Welt. Ich finde es dabei sehr bemerkenswert, dass deren Engagement komplett neben der Arbeit stattfindet. Sie rufen eigene Initiativen ins Leben, mit denen sie sich einbringen.

Worum geht es dabei?  

Der Sustainable Living Space in Brasilien ist ein Beispiel. Einige Mitarbeiterinnen haben ihn gegründet. Er gibt Kindern einen Platz, an dem sie etwas über ökologische Themen lernen – und gleichzeitig ist es ein Ort, den die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nutzen können (siehe „Ein Bekennt­nis zur Nach­haltigkeit“). Ganz neu ist, dass wir in diesem Jahr die ersten Nachhaltigkeitsbotschafter unter den Auszubildenden haben werden. Wir fördern diese Initiative und hoffen auf viele neue spannende Ideen. Am besten solche, die richtig viel bewirken, wie unser neuer Umgang mit Plastik. Wir haben im Jahr 2020 weitestgehend Einwegplastik verbannt, wollen bis 2025 mehr als 95 % des noch verwendeten Plastiks recyceln und dann auch konzernweit nachhaltige Verpackungsmaterialien einsetzen. Um das zu erreichen, haben wir vergangenes Jahr ein cross-funktionales Team zusammengestellt.

Als erstes Unternehmen in der Branche haben wir für uns die Science Based Targets eingeführt, also wissenschaftlich fundierte und auch genehmigte Ziele für unsere Klimaschutzaktivitäten.Bernhard Kott, CSO

Sie sprechen vom Team: Ein Ziel ist ja, mehr Diversität zu schaffen. Wie wollen Sie das erreichen?

Für uns ist es ganz klar, dass Vielfalt wichtig ist und gefördert werden muss – ob es nun um Geschlecht, Alter, Behinderung, sexuelle Orientierung, ethnische Herkunft oder Religionszugehörigkeit und Weltanschauung geht. Wir wollen in Zukunft mehr unterschiedliche Gruppen einstellen, mehr behin­derungsgerechte Arbeitsplätze schaffen und beim in der Öffentlichkeit meistdiskutierten Thema – der Frauenförderung – weiter vorangehen: Bis 2025 sollen auf der ersten Führungsebene 30 %, auf der zweiten 45 % Frauen arbeiten.

Im vergangenen Jahr haben Sie die neue Arbeitssicherheitskampagne Symsafe gestartet. Warum ist das nötig?

Symrise hat Verbesserungspotenzial bei der Arbeitssicherheit. Wir haben einen sogenannten MAQ-Wert von 3,8 im Jahr 2021 zu verzeichnen, dahinter steckt die Anzahl der Arbeitsunfälle mit mindestens einem Ausfalltag pro einer Million Arbeitsstunden. Unser Ziel liegt bei unter 1,5. Allein in Deutschland mussten wir 270 Unfälle dokumen­tieren. Zwar sind das zum Glück im Wesentlichen Vorfälle wie Stolpern, Stürzen oder Schneiden, aber jeder Unfall könnte auch mit einer schweren und dauerhaften Verletzung enden. Das ist für uns als Unternehmen nicht hinnehmbar. Denn unsere Beschäftigten sollen alle genauso gesund nach Hause gehen, wie sie gekommen sind.

Gibt es Gründe dafür, warum die Zahlen so hoch sind?

Das ist eine Kombination von Ursachen. Sicherlich gehört unsere rasante Wachstumsdynamik dazu, in deren Folge wir neue Produktionsstätten in Betrieb genommen haben, oder es unter Umständen Mehrarbeit oder Sonderschichten gibt. Gleichzeitig hat es viel mit dem jeweils eigenen Verhalten zu tun, mit Unachtsamkeit oder dem typischen „Ach, mir passiert schon nichts“. Symsafe richtet sich genau da­hin: Wege zu finden, wie wir gemeinsam mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern Gefahren erkennen und aus dem Weg räumen, uns aufmerksamer verhalten, Wissen vermitteln und an viel mehr Stellen Kontrollmechanismen einführen.

63%

Symrise will die Öko-Effizienz der Treibhausgas-Emissionen bis 2025 um 63% gegenüber 2016 steigern, be­zogen auf die Wertschöpfung.

Zum Schluss die Frage nach Ihren Zielen: Bleibt es dabei, dass Sie ab dem Jahr 2030 klimapositiv sein wollen?

Als erstes Unternehmen in der Branche haben wir für uns die Science Based Targets eingeführt, also wissenschaftlich fundierte und auch genehmigte Ziele für unsere Klimaschutzaktivitäten. An denen halten wir fest, obwohl wir wachsen und durch manche Akquisition bei unseren Fortschritten in Sachen CO2-Emissionen leicht zurückgeworfen werden. Wir werden ab 2022 auch unseren Lieferanten und Vorlieferanten für die vorgelagerten Emissionen klare Vorgaben machen. So wissen wir noch genauer, wie unsere Wertschöpfungskette aussieht. An unserem Ziel halten wir damit fest: Ab dem Jahr 2030 werden wir klimapositiv wirtschaften.